Lindauer Zeitung

Zu kleine Basis

Platz fünf im Teamwettbe­werb zeigt, wo es im deutschen Vielseitig­keitsreite­n fehlt

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TRYON (SID/dpa) - Dass Ingrid Klimke am letzten Hindernis das sicher geglaubte Gold verloren hat, passte ins Bild: Für die deutschen Vielseitig­keitsreite­r lief es bei den Weltreiter­spielen in Tryon alles anders als rund. Während sich die Europameis­terin im Einzel zumindest mit Bronze trösten durfte, musste sich das Team mit dem Minimalzie­l Olympiaqua­lifikation zufriedeng­eben. „Wir haben uns natürlich mit der Mannschaft mehr ausgerechn­et“, sagte Andreas Dibowski nach dem fünften Platz in der Nationenwe­rtung und versuchte gar nicht erst, die Leistung schönzured­en.

Bei den Weltreiter­spielen in North Carolina wurde offensicht­lich, dass auf die Equipe von Bundestrai­ner Hans Melzer in den zwei Jahren bis Tokio noch viel Arbeit wartet. Darüber täuschte auch die Medaille Klimkes auf Hale Bob nicht hinweg, die bis zum letzten Sprung noch golden geglänzt hatte. Doch nach drei Stangenwac­klern zuvor war alles Glück im Parcours aufgebrauc­ht. „Ich bin trotzdem happy. Hauptsache, wir haben eine Medaille“, sagte die 50-jährige Münsterane­rin. „Ich habe Bronze gewonnen. Ehrlich gesagt gibt es schlimmere Schicksals­schläge, als hier Dritte zu werden.“

„Wir hatten natürlich höhere Erwartunge­n“, erklärte indes Hagen Melzer. Vor allem der Ausfall des dreimalige­n Olympiasie­gers Michael Jung zwei Wochen vor WM-Start habe schwer gewogen.. „Michi ist nicht zu ersetzen“, sagte Melzer über den 36 Jahre alten Ausnahmere­iter, der seit 2009 bei jedem Championat Medaillen gewonnen hatte: „Das war schon ein großes Loch.“Ein Loch, das die verblieben­en Reiter – bis auf Ingrid Klimke – nicht zu stopfen vermochten.

Die Medaillenc­hancen hatte die deutsche Equipe mit einer schwachen Leistung im Gelände verspielt. Da war es fast schon Ironie des Schicksals, dass ausgerechn­et Großbritan­nien die Goldmedail­len in Team und Einzel bejubelte. Trainer der Briten ist Christophe­r Bartle – bis 2016 noch Disziplint­rainer der deutschen Equipe für das Gelände und damit unter anderem verantwort­lich für fünf olympische Goldmedail­len, davon zwei im Team.

EM in Luhmühlen wichtige Etappe

Doch auf das Fehlen Bartles wollte Melzer, der die deutschen Vielseitig­keitsreite­r seit 17 Jahren betreut, die enttäusche­nde Leistung beim Geländerit­t nicht schieben. Stattdesse­n wies er auf die „viel größere Basis an Reitern“hin, auf die der britische Coach bauen konnte. Eine breite Basis, wie sie auch der Bundestrai­ner 2020 in Tokio wieder zur Verfügung haben will. Schließlic­h seien „zwei Jahre Zeit, in denen wir ein Team aufbauen können“, sagte er. Neben Jung soll dann auch wieder die entthronte Weltmeiste­rin Sandra Auffarth Teil der Mannschaft sein, die in Tryon nur als Einzelreit­erin auf ihrem Nachwuchsp­ferd Viamant du Matz gestartet war. Dem neunjährig­en Hengst bescheinig­te Melzer „großes Potenzial“.

Große Hoffnungen setzt Melzer auch in die EM kommendes Jahr. Da sie im niedersäch­sischen Luhmühlen stattfinde­t, darf das deutsche Team als Gastgeber zwölf Reiter an den Start bringen – möglicherw­eise ein entscheide­nder Vorteil auf dem Weg nach Tokio, glaubt Melzer. „Da werden ein paar junge Reiter dabei sein können und wichtige Erfahrunge­n sammeln.“Denn es sei „wichtig, dass jemand Championat­e geritten ist, wenn man ihn zu Olympia mitnimmt“. Damit es dort dann auch wieder mit der Teammedail­le klappt.

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FOTO: DPA Am Ende wurde es Einzel-Bronze: Vielseitig­keitsreite­rin Ingrid Klimke mit ihrem Oldenburge­r Wallach Hale Bob.

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