Auf Augenhöhe mit Größen aus Politik und Wirtschaft
Kongress am Ufer des Bodensees – Friedrichshafen zeigt sich beim Business Forum von seiner schönsten Seite
FRIEDRICHSHAFEN - Was Normalbürger im Bodenseekreis jeden Tag erleben und monieren, das haben diverse Spitzenvertreter aus Politik und Wirtschaft bei der zweiten Auflage des Bodensee Business Forum (BBF) im Graf-Zeppelin-Haus (GZH) gestern am eigenen Leib erfahren. So mancher Referent traf mit einer kleiner Verspätung auf dem Podium ein, wie auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl. Er sei selbst Schuld an dieser Misere, entschuldigte sich Strobl. Schließlich habe er persönlich die Entscheidung getroffen, den gebuchten Hubschrauber abzubestellen und mit dem Auto anzureisen.
Doch nicht allein die Hindernisse auf den badenwürttembergischen Straßen waren Thema unter den hochkarätigen Referenten. So monierte EU-Kommissar Günther Oettinger große Löcher in der Datenautobahn: „Wir haben 5G, die Technologie für’s schnelle Internet, erfunden und andere entwickeln es weiter.“Damit unterstrich Oettinger die Worte des Häfler Oberbürgermeisters Andreas Brand, der in seiner Begrüßung bereits ein regionales Beispiel für dieses Problems aufgeführt hatte. „Versuchen Sie mal ein durchgängiges Telefonat zu führen, wenn Sie von Biberach nach Friedrichshafen fahren.“
Die verbesserungswürdige Infrastruktur hielt hochkarätige Redner aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aber glücklicherweise nicht davon ab, sich ein Stelldichein am Ufer des Bodensees zu geben. Auf ungezwungene Weise diskutierten sie dort auf Einladung von Schwäbisch Media über die Zukunftsvisionen für Europa. „Das Bodensee Business Forum bietet eine ideale Plattform, um tatsächlich grenzüberschreitend zu diskutieren. Also nicht nur über Ländergrenzen, sondern auch über den eigenen Tellerrand hinweg“, lobte OB Brand: „Gute und zukunftsträchtige Lösungen für die gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart entstehen nur im Dialog, im Austausch und in der Auseinandersetzung mit dem anderen Blickwinkel.“
Unter den 450 Kongressbesuchern nutzten neben Bürgern und Firmenvertreter auch einige Schüler und Studenten aus der Region die Gelegenheit, sich auf Augenhöhe mit Entscheidern und Machern aus Politik, Wirtschaft und Kultur auszutauschen. Wann sonst bietet sich die Gelegenheit zu einem ungezwungenen Plausch mit dem Grünenpolitiker Cem Özdemir, der sich sichtlich auf seine erste Begegnung mit der Journalistin Mesale Tolu freute. „Ich habe mich intensiv für ihre Freilassung aus dem türkischen Gefängnis eingesetzt“, verriet er. „Deshalb freut es mich sehr, sie heute hier in Freiheit kennenzulernen.“
Sprengstoffhunde im Einsatz
Was während der Veranstaltung so leicht und selbstverständlich wirkt, machen viele Menschen möglich, die im Hintergrund die Strippen ziehen. So hat die Polizei beispielsweise in den frühen Morgenstunden Raum für Raum im GZH mit Sprengstoffhunden überprüft und es dann an den verantwortlichen Sicherheitsdienst BSG übergeben. Elf Mann kontrollierten jeden, der das GZH betrat. Die schwarz gekleideten Männer, klassisch mit Knopf im Ohr, behielten während der gesamten Veranstaltung die Zugänge des GZH im Auge. Eine extreme Herausforderung sei der Einsatz aber nicht, versicherte BSGGeschäftsführer Nermin Ramic. „Wir werden regelmäßig für derartige Veranstaltungen gebucht.“
Auch die Polizei griff bei der Vorbereitung und der Betreuung hochkarätiger Veranstaltungen auf ihren Erfahrungsschatz zurück. So sei es selbstverständlich, dass sich die Beamten frühzeitig auf ihren Einsatz vorbereiten, sagte Pressesprecher Markus Sauter: „Zum Beispiel klären wir im Vorfeld ab, welche Personen kommen, welche Sicherheitsstufen zu beachten sind und mit welcher Resonanz wir zu rechnen haben.“Während uniformierte Beamte rund um das GZH präsent waren, hatten sich Kollegen in Zivil unter die Menge gemischt.
Matthias Klingler, Leiter des GZH, ist mit derlei Vorbereitungen vertraut. Auch er setzte auf ein erfahrenes Team: „Wir stimmen uns mit den Organisatoren bereits im Vorfeld eng ab, klären Technik und Logistik, Abläufe und Zeitpläne und stellen so sicher, dass am Ende alles klappt. Im Idealfall merkt der Teilnehmer gar nicht, wie viel Aufwand hinter so einer Veranstaltung steckt – weil alles ganz selbstverständlich ineinandergreift.“