Die CSU sieht grün
Die bayerischen Grünen strotzen vor Kraft – Die Christsozialen tun sich schwer mit ihnen
MÜNCHEN - Es ist schwer, ein Foto zu finden, auf dem Katharina Schulze, Vorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag und Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Landtagswahl am 14. Oktober, nicht lacht oder wenigstens lächelt. Sie tat das auch schon, als die politische Lage ihr dazu keinen besonderen Grund gab, aber jetzt umso mehr: Nach allen bisherigen Umfragen können die Grünen mit einem deutlich zweistelligen Ergebnis (bis zu 17 Prozent) rechnen – und können die SPD als zweitstärkste Kraft im Freistaat ablösen.
Parallel zu den Entwicklungen im Bund und anderen Bundesländern begünstigt der Niedergang der Volksparteien auch in Bayern neben der AfD vor allem die Grünen. So sehr, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Fernsehduelle jetzt ein CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident nicht auf einen SPD-Herausforderer, sondern auch den grünen Co-Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann treffen wird. Der ist gerade 40 Jahre alt geworden und könnte damit rein theoretisch zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Die 33jährige Katharina Schulze müsste da noch ein paar Jahre warten.
Grüne scheinen offener für CSU
Aber so weit wie im von einem grünen Ministerpräsidenten regierten Nachbarland Baden-Württemberg sind die Grünen in Bayern noch lange nicht. Ihnen ist klar: Um richtig mitzugestalten, kommen sie um ein Bündnis mit der ungeliebten CSU nicht herum. Liebe herrscht allerdings nicht zwischen den beiden potentiellen Partnern. Es ist schwer zu sagen, in welchem Lager gegen die jeweils andere Seite größere Vorbehalte bestehen. Einer der größten Gegner von Schwarz-Grün in der CSU ist Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer. Aber auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erteilte den Grünen jüngst auf einem CSU-Parteitag eine klare Absage wegen ihres „Anti-CSU-Programms“.
Als im vergangenen Juni die CSU wegen des Asylplans ihres Chefs Horst Seehofer gegen den Rest der politischen Welt rebellierte, hatte auch Hartmann Schwarz-Grün ausgeschlossen: „Die CSU ist nach rechtsaußen abgedriftet. Mit so einer CSU kann ich es mir nicht vorstellen.“Das hat er seither allerdings nicht mehr wiederholt. „Wir sind gesprächsoffen für alle demokratischen Parteien“, ist jetzt die Sprachregelung von Katharina Schulze.
Die Grünen machen es der CSU allerdings nicht leicht, sie auch nur ein bisschen zu mögen. Ein ZehnPunkte-Aktionsprogramm, das die Grünen vor Kurzem vorlegten, beinhaltet in weiten Teilen so ziemlich das Gegenteil von dem, was die Christsozialen für richtig halten. „Urgrün und rückwärtsgewandt“, heißt es in der CSU, in der die Grünen stets mit dem Zusatz „Verbotspartei“genannt werden. „Wer mit uns koalieren will, muss bereit sein, bei diesen zehn Punkten in den nächsten fünf Jahren einen großen Schritt voranzugehen“, bekräftigt Hartmann. Keine Frage: Die CSUFührung ist dazu nicht bereit, es sei denn, ihr bleibt wirklich nichts anderes mehr übrig.
Mit ihrem fröhlichen Gemüt und ihrem heiter-lockeren Stil konterkariert Katharina Schule das Bild eines verbiesterten Autofeinds und Körnchen-Fundis, das die CSU gerne von den Grünen zeichnen möchte. Ganz ungewöhnlich für eine grüne Spitzenpolitikerin ist sie in ihrer Fraktion für Inneres und Sicherheit zuständig. Immer wieder geht sie mit Polizeibeamten auf Streife, lobt ihre Arbeit und fordert ihre personelle Verstärkung. Was nicht ausschließt, dass sie leidenschaftlich gegen das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz Front macht.
Optimismus als große Stärke
Politikwissenschaftler wie Werner Weidenfeld sehen die Grünen im Freistaat vor allem wegen ihrer frischen Erscheinung auf der Gewinnerstraße. „Mut geben statt Angst zu machen“ist denn auch das Motto der grünen Landtagswahlkampagne. Die Oberbayerin Schulze, die auch keine Berührungsängste gegenüber Dirndl-Outfits zeigt, scheint der lebende Beweis dafür, dass Politik sogar heute noch Spaß machen kann. Mitbewerber behaupten das zwar auch, aber man sieht es ihnen nicht so an wie der gelernten Wirtschaftspsychologin vom Ammersee. Dagegen kaue „die alte Tante SPD deprimiert auf ihren sozialen Missständen herum, während die nervöse CSU überall Grenzposten aufstellen will“, kommentierte kürzlich die „Süddeutsche Zeitung“.
Auf „Wolke 17“haben sich die Grünen in letzter Zeit ein neues Wahlziel gegeben, nachdem „Zweistelligkeit“nicht mehr ehrgeizig genug erscheint. Die Grünen müssten am 14. Oktober so stark werden, dass die CSU nicht an ihnen vorbei komme.
Das freilich wird schwierig, denn für den Fall des Verlusts der absoluten Mehrheit stehen der CSU auch noch Freie Wähler, FDP und auch SPD als Koalitionspartner zur Verfügung. Notfalls muss sie zwei davon mit ins Boot nehmen, aber die Grünen umschiffen könnte sie immer noch.