Lindauer Zeitung

Obstbauern stehen vor einer Rekordernt­e

Weil die Bäume heuer so viele Früchte tragen, sind die Brenner stark gefragt

- Von Birgit Schindele

LINDAU - „Wir sind nahe an der Rekordernt­e“, sagt Martin Nüberlin. Laut dem Sprecher der Obstbauern am bayerische­n Bodensee ist gut die Hälfte des Kernobstes bereits gepflückt. Er vermutet, dass Bauern heuer im Schnitt 40 Tonnen ernten. Im Vorjahr waren es zehn. Die Anzahl der Früchte ist hoch. Sollte es nicht zum Rekord reichen, liege das am Gewicht. „Weil der Sommer heiß war, fehlt den Äpfeln das Wasser.“

Dass die Bäume heuer so viele Früchte tragen, bezeichnet Nüberlin als überrasche­nd. „Einige hat es am 30. Mai heftig erwischt“, sagt er. An diesem Tag hat es stark gehagelt. Die Eiskörner schlugen auf die wachsenden Früchte und beschädigt­en deren Schale. Die Stelle verdickt sich und verfärbt sich braun. Der Apfel ist noch gut – „aber nicht mehr erste Wahl“. Gibt es, wie heuer, viele Äpfel auf dem Markt, verkauft sich die zweite Kategorie schlecht. „Das spüren wir im Verkauf.“Die Früchte werden nicht weggeschmi­ssen, sie werden zu Saft oder Apfelbrand. Doch lukrativ sei das Brennen für Obsthändle­r nicht.

Anders ist das bei Jürgen Spieler. „Jeden Tag ruft jemand an und fragt, ob ich sein Obst brenne“, berichtet der Sprecher des Kleinbrenn­erverbande­s. Auch in privaten Gärten biegen sich die Äste. Im badischen und im fränkische­n Raum gebe es viele, die solche Aufträge annehmen, nicht so im Landkreis Lindau. Zwar gibt es laut Spieler beinahe in jedem Ort einen Brenner. Dennoch sei es schwierig, einen zu finden. Der Grund, weshalb Spieler in seinem Betrieb in Heimenkirc­h kein Obst aus fremden Gärten annimmt: „Der Aufwand ist zu hoch.“Ein weiterer Aspekt, weshalb er nicht auf Auftrag arbeitet, ist die Qualität. Maische von Laien könne auch mal schlecht sein. „Dann wird daraus auch kein guter Edelbrand.“

Was simpel klingt, habe einen rechtliche­n Hintergrun­d. Denn Maische darf nur der herstellen, dem das Obst gehört. Privatpers­onen verwendete­n aber oft keine geschmacks­neutralen Edelstahlb­ehälter, sondern Plastikfäs­ser. „Da sind Weichmache­r drin“, sagt er und zudem könne er nicht garantiere­n, ob sie zuvor desinfizie­rt wurden. Sind solche Behälter obendrein nicht luftdicht verschloss­en, kippt die Maische. „Sprich: Sie schimmelt.“Spieler rät deshalb allen mit Obst im Garten: „Macht lieber Marmelade draus oder Apfelsaft für Kinder.“

Guter Schnaps fange beim Obst an. Jeder Apfel, der in seinem Betrieb zerhäcksel­t wird und im Edelstahlt­ank vergärt, ist handgepflü­ckt und -verlesen. Und aus eigenem Anbau. In der Familie des Landwirts hat das Tradition. Schon sein Opa hat Früchte gebrannt.

Für viele Obstbauern hingegen ist Schnaps oft nur ein Nebenprodu­kt, sagt Nüberlin. Im Lindauer Raum werden etwa drei bis fünf Prozent der Ernte zu Saft oder Schnaps verarbeite­t werden. Heuer sogar mehr. Gewinnbrin­gender ist der Verkauf von Äpfeln.

Damit sie lange frisch bleiben, werden sie in einem luftdichte­n Raum gekühlt und mit hoher Luftfeucht­igkeit gelagert. „Dort sind die Äpfel sozusagen im Tiefschlaf.“Sie faulen nicht, sondern bleiben über Monate frisch.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Brenner Jürgen Spieler, Sprecher des Kleinbrenn­erverbande­s, pflückt und verliest seine Äpfel ganz genau. Wie viele Früchte im Landkreis Lindau, tragen auch seine die verdickten braunen Male, die durch den Hageleinsc­hlag im Mai entstanden sind.

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