Sänger überzeugen mit Talent und Gestaltungswillen
Meisterklasse vom Vorarlberger Landeskonservatorium erstmals in Schloss Achberg zu Gast
ACHBERG - Auch wenn eine Reihe von Musikliebhabern der Vorankündigung entnommen hatte, dass die Sopranistin Miriam Feuersinger und Bassbariton Clemens Morgenthaler, Professor am Vorarlberger Landeskonservatorium Feldkirch, auch selbst singen würden, haben die Besucher am Donnerstagabend den Rittersaal auf Schloss Achberg kaum zur Hälfte gefüllt. Dabei stand eine ungewöhnliche, eindrucksvolle Veranstaltung auf dem Programm: das Abschlusskonzert der von Feuersinger und Morgenthaler im „Team-Teaching“geleiteten Meisterklasse „Oratorium und deutsches Lied“des Vorarlberger Landeskonservatoriums Feldkirch. Das Konzert war zugleich der Auftakt des Klassischen Herbsts auf Schloss Achberg.
Üblicherweise werden solche Meisterkurse mit Abschlusskonzert im eigenen Haus in Feldkirch durchgeführt, doch diesmal sollte es ganz anders sein. Auf Einladung des Landkreises Ravensburg fand dieser Kurs auf Schloss Achberg statt, wo nicht nur Ausstellungen und Konzerte, sondern auch Kunst-Workshops gegeben werden. Das ergab, wie die beiden Leiter berichteten, eine ganz besondere Arbeitsatmosphäre, eine besondere Stimmung. Vier Tage haben acht Studentinnen und Studenten mit den Dozenten geübt, oben im Rittersaal, wo ein gepflegter Steinway-Flügel steht, an dem Johannes Hämmerle das Konzert sensibel begleitete, aber auch mal draußen in der Natur. Thematisch passte das hervorragend zu den barocken Arien wie zu den deutschen Liedern, beispielsweise Schuberts Lied „Wegweiser“aus dem Zyklus „Winterreise“, welches das Kernthema der Romantik anspricht: Einsamkeit, Verlassenheit, Fremdheit – ein Thema, das auch heute noch gültig ist und berührt, zumal in der dichten Interpretation des jungen Sängers, die den emotionalen Schmerz packend herüberbrachte.
Es war das Anliegen von Clemens Morgenthaler und Miriam Feuersinger, die innere Bewegung in Klang umzusetzen, sodass das Gesungene auch glaubhaft herüberkommt, die Zuhörer mit hineinnimmt, ob in den Schmerz oder in das Halleluja der geistlichen Gesänge, die den ersten Teil bestimmten. Dass Studenten vom ersten Semester bis zu Abschluss-Semestern dabei waren, erhöhte den Reiz, hier ein „work in progress“ zu erleben, eine Stufe, bei der man immer noch weiterarbeiten kann. Eigentlich ist große Kunst nie ganz fertig, immer finden sich Elemente, die noch zu verbessern wären. Da mag die Dramatik etwas zu heftig, zu pathetisch wirken oder der Stimmumfang noch nicht ganz ausgeglichen sein: Die Ehrlichkeit, der Mut, ein intensiv erarbeitetes Werk zur Diskussion zu stellen, ist etwas, das den Zuhörer packt.
Zur sängerischen Ausbildung gehört Mut
Ein Querschnitt wurde an dem denkwürdigen Abend geboten, angefangen bei Alessandro Grandi, einem Zeitgenossen von Monteverdi, über Telemann und Bach bis zu Dvorak und Britten, Ausschnitte aus Oratorien und Opern und Lieder. Werke, die zum Vergleich herausfordern.
Es gehört Mut dazu, heute auf eine sängerische Ausbildung zu setzen, denn die Zahl derer, die klassische Konzerte besuchen, hat abgenommen. Die Dozenten gehen hier neue Wege, die man nur begrüßen kann.