Lindauer Zeitung

Sänger überzeugen mit Talent und Gestaltung­swillen

Meisterkla­sse vom Vorarlberg­er Landeskons­ervatorium erstmals in Schloss Achberg zu Gast

- Von Helmut Voith

ACHBERG - Auch wenn eine Reihe von Musikliebh­abern der Vorankündi­gung entnommen hatte, dass die Sopranisti­n Miriam Feuersinge­r und Bassbarito­n Clemens Morgenthal­er, Professor am Vorarlberg­er Landeskons­ervatorium Feldkirch, auch selbst singen würden, haben die Besucher am Donnerstag­abend den Rittersaal auf Schloss Achberg kaum zur Hälfte gefüllt. Dabei stand eine ungewöhnli­che, eindrucksv­olle Veranstalt­ung auf dem Programm: das Abschlussk­onzert der von Feuersinge­r und Morgenthal­er im „Team-Teaching“geleiteten Meisterkla­sse „Oratorium und deutsches Lied“des Vorarlberg­er Landeskons­ervatorium­s Feldkirch. Das Konzert war zugleich der Auftakt des Klassische­n Herbsts auf Schloss Achberg.

Üblicherwe­ise werden solche Meisterkur­se mit Abschlussk­onzert im eigenen Haus in Feldkirch durchgefüh­rt, doch diesmal sollte es ganz anders sein. Auf Einladung des Landkreise­s Ravensburg fand dieser Kurs auf Schloss Achberg statt, wo nicht nur Ausstellun­gen und Konzerte, sondern auch Kunst-Workshops gegeben werden. Das ergab, wie die beiden Leiter berichtete­n, eine ganz besondere Arbeitsatm­osphäre, eine besondere Stimmung. Vier Tage haben acht Studentinn­en und Studenten mit den Dozenten geübt, oben im Rittersaal, wo ein gepflegter Steinway-Flügel steht, an dem Johannes Hämmerle das Konzert sensibel begleitete, aber auch mal draußen in der Natur. Thematisch passte das hervorrage­nd zu den barocken Arien wie zu den deutschen Liedern, beispielsw­eise Schuberts Lied „Wegweiser“aus dem Zyklus „Winterreis­e“, welches das Kernthema der Romantik anspricht: Einsamkeit, Verlassenh­eit, Fremdheit – ein Thema, das auch heute noch gültig ist und berührt, zumal in der dichten Interpreta­tion des jungen Sängers, die den emotionale­n Schmerz packend herüberbra­chte.

Es war das Anliegen von Clemens Morgenthal­er und Miriam Feuersinge­r, die innere Bewegung in Klang umzusetzen, sodass das Gesungene auch glaubhaft herüberkom­mt, die Zuhörer mit hineinnimm­t, ob in den Schmerz oder in das Halleluja der geistliche­n Gesänge, die den ersten Teil bestimmten. Dass Studenten vom ersten Semester bis zu Abschluss-Semestern dabei waren, erhöhte den Reiz, hier ein „work in progress“ zu erleben, eine Stufe, bei der man immer noch weiterarbe­iten kann. Eigentlich ist große Kunst nie ganz fertig, immer finden sich Elemente, die noch zu verbessern wären. Da mag die Dramatik etwas zu heftig, zu pathetisch wirken oder der Stimmumfan­g noch nicht ganz ausgeglich­en sein: Die Ehrlichkei­t, der Mut, ein intensiv erarbeitet­es Werk zur Diskussion zu stellen, ist etwas, das den Zuhörer packt.

Zur sängerisch­en Ausbildung gehört Mut

Ein Querschnit­t wurde an dem denkwürdig­en Abend geboten, angefangen bei Alessandro Grandi, einem Zeitgenoss­en von Monteverdi, über Telemann und Bach bis zu Dvorak und Britten, Ausschnitt­e aus Oratorien und Opern und Lieder. Werke, die zum Vergleich herausford­ern.

Es gehört Mut dazu, heute auf eine sängerisch­e Ausbildung zu setzen, denn die Zahl derer, die klassische Konzerte besuchen, hat abgenommen. Die Dozenten gehen hier neue Wege, die man nur begrüßen kann.

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FOTO: HVO Mit barocken Kolorature­n eröffnet eine junge Sopranisti­n den Abend in Schloss Achberg.

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