Kein Empfang
Kritik an den Vergaberegeln für Mobilfunkstandard 5G durch die Bundesnetzagentur
Die Sehnsucht nach Hochleistungsnetzen (Foto: Shutterstock) auch auf dem Land: Vor der im Frühjahr anstehenden Frequenzversteigerung für den nächsten Mobilfunkstandard 5G haben der Deutsche Landkreistag und der Bauernverband Berlin aufgefordert, den ländlichen Raum nicht zu vernachlässigen. „Fehler, die jetzt gemacht werden, öffnen die Schere zwischen Stadt und Land weiter“, warnt der Landkreistag. Nötig sei eine „echte Flächendeckung“mit 5G-Mobilfunk auch außerhalb der besiedelten Gebiete, forderte der Bauernverband.
BERLIN - Bei Strom, Gas und Telefon ist die Sache klar. Jeder Haushalt der Bundesrepublik hat grundsätzlich das Recht, einen Anschluss zu bekommen. Wenn die Versorgungsunternehmen jemandem das Recht verweigern wollen, zu kochen, zu heizen oder zu telefonieren, müssen sie sehr gute Gründe vorbringen.
Was schnelles Internet und Mobilfunk angeht, sieht es anders aus. Millionen Bürger vor allem in ländlichen, eher dünn besiedelten Gebieten sind heute gezwungen, ohne vernünftigen Netzzugang zurechtzukommen. Wird sich das bald ändern?
Am Montag traf sich der Beirat der Bundesnetzagentur, in dem unter anderem Vertreter des Bundestages sitzen. Die Behörde bereitet die Versteigerung der sogenannten 5G-Lizenzen vor. Die Funknetze der „fünften Generation“sollen Deutschland künftig mit superschneller Datenkommunikation beliefern, abrufbar über Smartphones und andere mobile Endgeräte. Die Hoffnung: Dann sind Surfen im Internet und mobiles Telefonieren überall problemlos möglich.
An den geplanten Bedingungen der Versteigerung und damit der Leistungsfähigkeit des späteren Netzes gibt es jedoch massive Kritik. So heißt es im Schreiben der CDUCSU-Bundestagsfraktion: „Es steht zu befürchten, dass die Schere zwischen städtischen Ballungszentren und ländlichen Räumen weiter auseinandergeht und das Ziel der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse konterkariert wird.“Ähnlich betrachtet es Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer: „Wir brauchen endlich eine vernünftige und verbindliche Anbindung der ländlichen Räume beim Mobilfunk.“Auch der Landkreistag und der Deutsche Bauernverband sind nicht zufrieden: „Es bedarf dringend einer Kurskorrektur der Frequenzpolitik der Bundesregierung und ihrer Umsetzung durch die Bundesnetzagentur.“
Die Kritiker befürchten einen Etikettenschwindel. Die Netzagentur müsse darauf hinwirken, „dass auch dort 5G drin ist, wo 5G draufsteht. Ansonsten erhalten wir lediglich ein verbessertes 4G-Netz“, bemängelte CDU-Beiratsmitglied Ulrich Lange (CDU). „4G“steht für das gegenwärtige, oft löchrige Netz der „vierten Generation“. Die Kritik entzündet sich auch daran, dass die TelekomFirmen, die die zusätzlichen Frequenzen erhalten, laut Netzagentur zunächst jeweils nur 500 neue 5GMasten im Bundesgebiet aufstellen müssen. Das reicht für eine flächendeckende Versorgung nicht annähernd aus.
Zwei Millionen Abgehängte
Zudem will die Agentur die Unternehmen nur verpflichten, bis Ende 2022 98 Prozent der Privathaushalte mit 100 Megabit anzubinden. Knapp zwei Millionen Bürger und viele Firmen in ländlichen Regionen blieben so auch in Zukunft ohne leistungsfähiges, mobiles Internet. Vor allem die Wirtschaft beklagt den Flickenteppich schneller Datenverbindungen und befürchtet künftige Wettbewerbsnachteile bei Industrie-4.0Anwendungen, für die ein flächendeckendes Hochg es ch windigkeits datennetz Voraussetzung ist.
Die Netzagentur begründet ihre Zurückhaltung mit den„ unverhältnismäßig“hohen Kosten, die ein schnellerer Ausbau der Infrastruktur verschlingen würde. Die Behörde will die Betreiber der Mobilfunknetze – Telekom, Vodafone und Telefonica – nicht überfordern.
Dass der Ausbau teuer ist, sehen auch die Kritiker. Deshalb verlangen sie, die Bundes netzg agentur solle die Telekom-Unternehmen zum sogenannten nationalen Roaming verpflichten, oder diese Variante zumindest ernsthaft prüfen. Beim nationalen Roaming müsste nicht jeder der drei Betreiber sein eigenes komplettes, bundesweites Netz errichten. Besonders in ländlichen Gebieten könnten sich die Firmen die Infrastruktur teilen, die eine von ihnen gebaut hat. Wie die Telekom lehnt jedoch auch Telefonica eine solche Vorschrift ab. Die Netzagentur argumentiert, sie könne die Betreiber rechtlich nicht dazu verpflichten.
An dieser und an anderen Stellen gab es bei der Beiratssitzung am Montag kaum Bewegung, wie Teilnehmer berichteten. Allenfalls werde zusätzlich festgelegt, dass die Firmen jeweils mehr als 500 neue 5GMasten errichten müssten. Ein Vetorecht hat der Beirat nicht. Als nächstes folgt die Konsultation der Unternehmen. Danach erlässt die Agentur ihren Beschluss. Die Versteigerung soll im ersten Quartal 2019 stattfinden.