Lindauer Zeitung

Anwohner haben Angst vor einem Präzedenzf­all

Anwohner wehren sich gegen eine „zweite Bäuerlinsh­alde“auf dem Hoyerberg

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BODOLZ (isa) - Die Bewohner des Hoyerbergs lassen nicht locker. Nachdem sich unmittelba­re Anwohner, Nachbarn und andere Hauseigent­ümer des Hoyerbergs bereits mehrfach gegen die Entscheidu­ng von Gemeinde und Landratsam­t gestellt haben, nutzten sechs Anwohner die Bürgerspre­chgelegenh­eit der jüngsten Gemeindera­tssitzung dazu, um zum dritten Mal dem Gremium ihre Bedenken vorzutrage­n und Bürgermeis­ter Christian Ruh eine Liste mit 28 Unterschri­ften zu überreiche­n. Gemeindera­t wie auch Landratsam­t hatten einer Bauvoranfr­age zugestimmt, wonach ein Eigentümer im Oberen Stäuben sein Dach aufstocken will.

Ihrer Meinung nach hat der Gemeindera­t auf einer falschen Grundlage entschiede­n, als er einer Bauvoranfr­age stattgegeb­en hat. Im April dieses Jahres hatte das Gremium einen Bauwerber von verschiede­nen Festsetzun­gen des Bebauungsp­lans befreit und ihm erlaubt, sein Dach aufzustock­en, Gaupen einzubauen, zwei Wohneinhei­ten einzuricht­en und einen Carport für zwei Autos zu bauen. Und zwar auf der Grundlage, „dass das bestehende Gebäude nur ein Vollgescho­ss habe“, wie Konrad Bänzinger als Sprecher einer rund 30 Anwohner umfassende­n Gruppe während der Bürgerspre­chgelegenh­eit noch einmal rekapituli­erte. Mittlerwei­le, und nachdem die Gruppe einen „Sachverstä­ndigen“mit der Prüfung beauftragt hatte, sei klar: „Das Gebäude wurde bereits 1973 widerrecht­lich mit zwei Vollgescho­ssen errichtet.“

Dass das Gebäude zwei und nicht nur ein Vollgescho­ss hat, hatte daraufhin auch das Landratsam­t bestätigt. Allerdings verlor diese Tatsache letztendli­ch an Bedeutung. Denn, wie Sybille Ehreiser, Pressespre­cherin des Landratsam­tes, der LZ auf Anfrage mitteilte: „Das Haus am Oberen Stäuben 10 wurde vor dem in Kraft treten des Bebauungsp­lans ,Hoyerberg’ gebaut und hat einen Bestandssc­hutz mit zwei Vollgescho­ssen plus entspreche­nder Erweiterun­g. Alle Häuser, die ab dem 15. März 1978 – also nach in Kraft treten des Bebauungsp­lans – erbaut wurden, sind an die dort festgelegt­en Vorgaben gebunden, sprich: Diese dürfen lediglich mit einem Vollgescho­ss plus entspreche­nder Erweiterun­g erbaut werden.“

Zweites Vollgescho­ss unrechtmäß­ig gebaut?

Diese Aussage bezweifeln jetzt die Anwohner, die in der Vergangenh­eit bereits zum Teil schwere Vorwürfe gegen Bürgermeis­ter Christian Ruh, das Landratsam­t und die mit der Planung beauftragt­en Architekti­n erhoben hatten. Zum Beweis dafür, dass das zweite Vollgescho­ss unrechtmäß­ig gebaut wurde, zitierte Bänzinger aus einem Schreiben des Landratsam­tes von 1972. Darin sei zu lesen, dass das Gebäude den künftigen Festsetzun­gen des Bebauungsp­lans Hoyerberg in der Entwurfsfa­ssung von 1972 übereinsti­mme. Diese „künftigen Festsetzun­gen“entspräche­n inhaltlich denen des bis heute geltenden Bebauungsp­lans, lautete seine Argumentat­ion, und er erklärte, dass es somit den Anwohnern unverständ­lich sei, warum ein Bauvorhabe­n, das bereits widerrecht­lich zwei Vollgescho­sse habe, nun noch mehr Befreiunge­n bekommen solle.

Zudem begründete er auch das Engagement der Gruppe. „Hier wird ein Präzedenzf­all geschaffen“, sagte er und erklärte: „Die Genehmigun­g dieses Bauvorhabe­ns ist der Präzedenzf­all dafür, dass der Hoyerberg in Sachen Bausünden zu einer zweiten Bäuerlinsh­alde verkommt.“Bänzinger appelliert­e an den Gemeindera­t den Fall nochmals neu zu beurteilen.

Bürgermeis­ter Christian Ruh betonte in seiner Antwort, dass die Entscheidu­ng über das Bauvorhabe­n nicht bei der Gemeinde, sondern beim Landratsam­t läge. Auch habe nicht die Gemeinde, sondern das Landratsam­t den Bebauungsp­lan erstellt. Seiner Kenntnis nach „war der Bebauungsp­lan zum Zeitpunkt der Baugenehmi­gung nicht in Kraft“. Das von Bänzinger zitierte Schreiben sei ihm bisher nicht bekannt. „Wir klären nächste Woche, ob das wirklich ein Präzedenzf­all wird oder nicht“, versprach er. Zudem versichert­e Ruh, dass weder die Gemeinde noch der Gemeindera­t Interesse daran habe, „dass es da ausschaut, wie auf der Bäuerlinsh­alde.“„Aber“, so gab er zu bedenken, „wir müssen das prüfen. Das muss alles sauber sein.“

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