Lindauer Zeitung

Alfred Schneider ist nicht Alfred Schneider

Warum ein Ravensburg­er seit Jahren Probleme mit seinem Namen hat

- Von Frank Hautumm

- Anrufe mit unbekannte­r Nummer nimmt Alfred Schneider schon lange nicht mehr an. An manchen Tagen graust es ihm davor, seinen E-Mail-Eingang zu öffnen. Und wenn beim Bummel durch die Stadt wieder mal jemand energisch auf ihn zusteuert, dann weiß der Ravensburg­er schon, was jetzt folgt. Dann bekommt Alfred Schneider die Leviten gelesen. Er soll sich für falsche Vorwürfe entschuldi­gen, er soll die Leute in Ruhe lassen, soll seine – so der Vorwurf – wirren Thesen erklären. Alfred Schneider kann die Leute dann oft sogar sehr gut verstehen. Sein Problem: Alfred Schneider ist gar nicht Alfred Schneider.

Seit Jahrzehnte­n schon leidet der 66 Jahre alte Bänker darunter, dass er einen älteren Namensvett­er in Ravensburg hat, erzählt er. Denn jener Alfred Schneider ist in der Stadt – manche sagen auch: gegen die Stadt – höchst engagiert. Er zeichnet unter anderem für ein „Bürgerport­al“verantwort­lich, das fast 20 „Petitionse­rfolge“für sich reklamiert.

Regierungs­präsidium, Staatliche­s Schulamt, Rathaus und Redaktions­stuben erhalten regelmäßig Post von Alfred Schneider, in manchen Phasen täglich und immer im riesigen Verteiler. Darin ist viel von „unglaublic­hen Rechtsbrüc­hen“, „unheiligen Allianzen“und „Zensur“die Rede. Der Absender sinniert über seine Rolle „als Märtyrer der Wahrheit“. Hin und wieder treffen sich Schneider und die Stadt vor Gericht. Alfred Schneider kommt aber auch im Briefkaste­n der Ravensburg­er an. Zuletzt flächendec­kend in der Süd- und in der Weststadt mit Flugblätte­rn, in denen gegen die Schulentwi­cklung protestier­t wird.

Immer dann ist auch der Namensvett­er beschäftig­t. „Nach dieser Flugblattg­eschichte war es wieder besonders schlimm“, erzählt der andere Alfred Schneider. Gut 15 Anrufe habe er bekommen, denn im Ravensburg­er Telefonbuc­h eingetrage­n ist nur ein Alfred Schneider. „Ich kann dann nur immer erklären, dass ich nicht der Urheber dieser Texte bin. Es ist einfach lästig, wenn man als normaler Mensch immer wieder in die Nähe von Wirrungen gerückt wird.“

Alfred Schneider und Alfred Schneider verbindet eine lange Geschichte miteinande­r. Denn der eine war der Schüler des anderen. Und hat, als er schon lange der Schule entwachsen war, die ersten falsch adressiert­en Anrufe bekommen: „Offenbar frustriert­e Schüler, es gab aber auch schon Schmäh-Lieder zu Silvester.“Mit der wachsenden Schneiders­chen Präsenz bei lokalpolit­ischen Themen stieg kontinuier­lich die Frequenz. Dabei verteilte sich die Last der Namensglei­chheit lange noch auf zwei Schultern. Denn, Achtung: Alfred Schneider der Jüngere hatte früher noch einen Onkel. Dessen Name: Alfred Schneider. „Seit er tot ist, landen alle Fans und Gegner bei mir“, erzählt der Bänker.

„Uns trennen Welten“

Alfred Schneider will, dass das aufhört. Zumindest sollen alle wissen, dass es den doppelten Schneider gibt. Deshalb hat er sich jetzt an die Zeitung gewandt. Mit Alfred Schneider hat er einmal das Gespräch gesucht. Dieses verlief nicht sonderlich freundlich, sagt er. Das Ergebnis: Der Namensvett­er legt ebenfalls großen Wert darauf, dass es zu keiner Verwechslu­ng kommt. Alfred Schneider der Jüngere bekam einen Brief. Darin stand: „Uns trennen Welten, in jeder Hinsicht.“

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