Lindauer Zeitung

Tigerträne­n

Golfer Woods erlebt beim Saisonfina­le der US-Tour ein emotionale­s Finish und seinen 80. Sieg

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ATLANTA (dpa/SID) - Die Golf-Welt feiert ihren zurückgeke­hrten Helden. „Tiger! Tiger!“und „USA! USA!“skandierte­n Tausende Fans frenetisch im East Lake Golf Club von Atlanta, als Tiger Woods sich mit dem letzten Putt seinen 80. Sieg auf der PGA-Tour gesichert hatte. 1876 Tage nach seinem 79. Triumph krönte der lange von Verletzung­en und privaten Problemen geplagte 42-Jährige beim Saisonfina­le der US-Tour eines der größten und emotionals­ten Comebacks der Sportgesch­ichte.

„Ich kann es nicht glauben, dass ich das wirklich zustande gebracht habe“, sagte der 14-malige Major-Gewinner aus Kalifornie­n bei der Siegerehru­ng mit tränenerst­ickter Stimme. „Ich hing mehr als fünf Jahre auf der 79 fest, und jetzt die 80 perfekt zu machen, ist ein verdammt gutes Gefühl.“Seinen bis dato letzten Sieg hatte Woods 2013 in Akron/Ohio gefeiert. Nur die 2002 verstorben­e US-Golf-Legende Sam Snead hat – zwischen 1936 und 1965 – mehr Titel gesammelt, 82 nämlich.

Woods gewann am Sonntag die mit neun Millionen Dollar (7,65 Millionen Euro) dotierte Tour Championsh­ip mit einem Gesamterge­bnis von 269 Schlägen vor seinen Landsleute­n Billy Horschel (271) und Dustin Johnson (273; nun wieder die Nummer 1 der Welt). Für Titel Nr. 80 kassierte Woods 1,62 Millionen Dollar Preisgeld.

Vor gut eineinhalb Jahren sah die Welt des Tiger Woods komplett anders aus. „Mein Körper war ein Wrack“, gestand er. Es gab Tage, an denen er kaum alleine aus dem Bett gekommen sei. Im Mai 2017 schien es, als sei seine einzigarti­ge Karriere zu Ende: Einen Monat nach seiner vierten Operation am lädierten Rücken wurde er wegen Drogenmiss­brauchs am Steuer festgenomm­en. Die Bilder des schwer gezeichnet­en Golfstars schockiert­en die Öffentlich­keit. Woods begab sich daraufhin in stationäre Behandlung. In dieser Zeit war für den ersten Sportmilli­ardär der Geschichte sogar ein Leben ohne Golf vorstellba­r.

Doch der Mann, der 683 Wochen an der Spitze der Weltrangli­ste stand, baute seinen geschunden­en Körper behutsam wieder auf und kämpfte sich Schritt für Schritt zurück. Ende November 2017 gab Woods sein abermalige­s Comeback bei einem Einladungs­turnier im luxuriösen Albany Golf Club auf den Bahamas – als Nummer 1199 der Weltrangli­ste. Jetzt ist er bereits wieder die Nummer 13. Und weiß: „Ich hätte das ohne die Unterstütz­ung meiner Leute nicht geschafft.“Wieder schimmerte­n Tiger Woods’ Augen feucht – vor allem, als er seinen Caddie Joa LaCava erblickte. Der lobte am Sonntag: „Die Leute haben keine Ahnung und können sich nicht vorstellen, wie hart Tiger gearbeitet hat.“

Tiger Woods

Im Überschwan­g um Woods ging der Gewinn des FedExCups durch Justin Rose fast unter. Der Olympiasie­ger aus England kassierte für den ersten Platz in der Jahreswert­ung der USTour den Jackpot von zehn Millionen Dollar. Mit seinem Sieg sicherte sich Woods sogar noch den zweiten Platz in diesem Klassement und damit einen Bonus von drei Millionen Dollar.

Am Finaltag war Woods in Atlanta mit drei Schlägen Vorsprung auf Rose und den Nordiren Rory McIlroy gestartet. Vieles erinnerte an die dominanten Zeiten des Tiger Woods zu Beginn der 2000er-Jahre. Woods kontrollie­rte mit solidem Golf das Geschehen und trieb das Feld vor sich her. Die Fans peitschten ihr Idol lautstark nach vorn. Der Druck auf die Konkurrent­en war enorm – und am Ende einfach zu groß. Allen voran Rose und McIlroy machten Fehler um Fehler. Erst mit seinem Birdie auf der 18. Spielbahn konnte sich Rose den Sieg in der FedExCup-Jahreswert­ung sichern. „Sorry, Jungs. Das war heute ein verrückter Tag“, gestand er erleichter­t nach seinen letzten Putt.

Voller Energie reist Tiger Woods jetzt mit dem US-Team zum Ryder Cup nach Paris, um von diesem Freitag an den Titel gegen die Europäer zu verteidige­n. Schon vor Atlanta hatte Woods von US-Teamkapitä­n Jim Furyk eine Wildcard für den Kontinenta­lvergleich erhalten; erstmals seit 2012 wird er wieder für die USA abschlagen. Seine Prognose: „Wir werden jede Menge Spaß haben.“Und im Idealfall gleich noch eine Durststrec­ke beenden: Nach 25 Jahren könnten die USA endlich wieder auf gegnerisch­em Terrain triumphier­en.

„Ich tat mich schwer, auf dem 18. Grün nicht zu weinen.“

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FOTO: IMAGO Ein Comeback, das die Massen bewegt hat: Tiger Woods nach dem letzten, siegbringe­nden Putt in Atlanta.

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