Regensburgs OB Wolbergs sieht sich als Opfer
Stundenlang redet sich der Angeklagte im Korruptions- und Parteispendenprozess in Rage
REGENSBURG (lby) - Mehrere Stunden stellt der suspendierte Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) am Dienstag vor dem Landgericht Regensburg seine Sicht der Dinge dar. Es ist der zweite Verhandlungstag im Korruptions- und Parteispendenprozess. Auf diesen Moment hat der angeklagte Wolbergs mehr als zwei Jahre gewartet. Nach dem Beginn der Ermittlungen gegen ihn im Juni 2016 hatte der Kommunalpolitiker angekündigt, sich zu gegebener Zeit erklären zu wollen. Diese Zeit sei jetzt gekommen, sagt er – vor allem die Staatsanwaltschaft bekommt seine Wut ab.
Wolbergs, der sich wegen Vorteilsannahme und Verstoßes gegen das Parteiengesetz verantworten muss, will deutlich machen, dass er kein Verbrecher ist und war. Er fühle sich, sagt er, ungerecht behandelt. „Es ist meine einzige Chance, mich einmal umfassend zu äußern.“Diese will er nutzen.
An Wolbergs Seite sitzen seine Anwälte, hinter ihm die Mitangeklagten mit ihren Verteidigern. Neben dem suspendierten OB stehen der ExFraktionsvorsitzende der SPD im Regensburger Stadtrat, Norbert Hartl, sowie der Bauunternehmer Volker Tretzel und ein früherer Mitarbeiter Tretzels, Franz W., vor Gericht. Im Gegenzug für Parteispenden im Wahlkampf und Vergünstigungen bei Wohnungskäufen soll der Bauunternehmer bei der Vergabe von Aufträgen profitiert haben – so sieht es die Staatsanwaltschaft. Sie legt Wolbergs zudem Bestechlichkeit und Tretzel Bestechung zur Last, die Wirtschaftsstrafkammer hatte dafür jedoch keinen Tatverdacht gesehen und diese Anklagepunkte nicht zugelassen.
Emotional schildert Wolbergs, wie im Juni 2016 die Ermittlungen gegen ihn begonnen haben, wie die Staatsanwältin mit Kripobeamten und einem Durchsuchungsbeschluss in seinem Büro erschien. Damals habe er geglaubt, die Staatsanwaltschaft ermittele in Richtung Schuld und Unschuld, sagt er. Dieses Vertrauen habe er spätestens bei seiner Inhaftierung verloren. Im Januar 2017 war Wolbergs in der Tiefgarage seines Wohnhauses festgenommen und später in die psychiatrische Abteilung des Straubinger Gefängnisses gebracht worden. „Die Zeit für mich war seit dem 14. Juni 2016 furchtbar, seit meiner Inhaftierung unvorstellbar.“
Wolbergs beteuert seine Unschuld
Er berichtet von Dauervideoüberwachung in der Zelle wegen angeblicher Suizidgefahr, von abgehörten Telefongesprächen, von medialer Anfeindung, von Durchsuchungen bei Rathausmitarbeitern, falschen Verdächtigungen und davon, dass seinetwegen zwei Menschen in U-Haft kamen (gemeint sind Tretzel und W.). Das, so sagt er, lasse ihn nicht los.
Detailliert äußert er sich zu den Parteispenden und betont, dass sie für den Wahlkampf und die SPD gedacht waren und nicht für seine Person. Er verweist darauf, dass Parteien auf Spenden angewiesen seien, weil es auf kommunaler Ebene keine staatliche Parteienfinanzierung gebe. Für den Wahlkampf 2014 sei eine Agentur engagiert worden, weswegen der Wahlkampf teurer war als frühere.
Er habe sich stets an sämtliche Regeln bei der Annahme von Parteispenden gehalten, sagt Wolbergs. Es sei auch nicht verboten, dass Unternehmer spenden, ohne dafür öffentlich genannt werden zu wollen. Und: Wenn jeder Unternehmer, der spendet, sofort unter Verdacht stehe, werde kein Unternehmer je wieder einen Cent an die Stadt spenden. Tretzel habe für die SPD gespendet, „weil er mich mochte und weil er mich für einen guten Oberbürgermeister hielt. Das war seine Motivation.“
Für die Vergabe des Areals der Nibelungenkaserne an Tretzel habe er gestimmt, weil es aus seiner Sicht schlichtweg der beste Vorschlag gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft, sagt Wolbergs und gerät dabei in Rage, wolle jedoch nur das sehen, was sie eben sehen wolle.
In den zurückliegenden zwei Jahren habe er sich permanent hinterfragt und dabei festgestellt, er habe ein ganz normales Leben gehabt, auch mit Fehlern. Und jetzt? „Es wirkt, als müsste ich meine Unschuld beweisen.“