Haus Brög zum Engel feiert 20. Jubiläum
Seit 20 Jahren treten die Mitarbeiter des Hospizes dafür ein, die Würde des Menschen bis zum Ende zu erhalten
LINDAU - Seit 20 Jahren begleiten die Haupt- und Ehrenamtlichen im Hospizzentrum Haus Brög zum Engel Schwerkranke und Sterbende. Bei der Jubiläumsfeier am vergangenen Samstag ist der Saal des Lindauer Theaters fast voll. Vertreter aus Politik, Stadt und Medizin blicken zusammen mit den ehemaligen und aktuellen Mitarbeitern des Hospizzentrums nicht nur auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre, sondern auch in die Zukunft.
Im Jahr 1986, zu einer Zeit, in der Tod und Sterben ein großes Tabu war, gründete Maja Dornier zusammen mit Christa Popper eine der ersten Hospizgruppen in Deutschland. Ihren Platz fand diese dann vor 20 Jahren im Hospizzentrum Haus Brög zum Engel. Dorniers Ziel war es, wie sie erzählt, einen Raum für sterbende Menschen zu schaffen. Dabei wollte sie die Angehörigen entlasten und den einsamen Patienten ein Gefühl von Sicherheit und Heimat geben. Die Anfangszeit war nicht nur für Dornier, der ersten Vorsitzenden des Vereins „Hospiz Haus Brög zum Engel“spannend, sondern auch für die damalige Heimleitung Uta Reinholz. „Zur damaligen Zeit hatten wir kaum Wissen über die stationäre Hospizarbeit“, erzählt Dornier. Ohne es zu wissen, wurden sie Pioniere in der bayrischen Hospizbewegung. Auch die Zusammenarbeit mit den Hausärzten, die dem Hospiz anfangs skeptisch gegenüberstanden, sieht Reinholz als wichtigen Schritt. Neu entdeckt hat das Pflegepersonal in dieser Zeit auch die Aufbahrung. Die Angehörigen können sich auf diese Weise in Ruhe von dem Verstorbenen verabschieden. „Das Hospiz soll nicht nur eine Pflegeeinrichtung sein, sondern ein zuhause“, erklärt Dornier den Grundgedanken des Hospizes. Familie und Freunde seien immer willkommen.
Ihren Dank richtet Dornier aber nicht nur an die Hauptamtlichen und Förderer, sondern auch an die Ehrenamtlichen. Gabriele Kupfer war von Anfang an als Ehrenamtliche im Hospiz dabei. Seitdem bringt sie sich je nach Bedarf ein. „Meine Arbeit wird jeden Tag wertgeschätzt“, sagt Kupfer. Das gesamte Team hat in den vergangenen 20 Jahren viel gegeben, aber auch einiges zurückbekommen. „Wir haben gelernt, mit unserem eigenen Ego einen Schritt zurückzutreten, nicht zu werten oder gar zu richten und den Willen des anderen zu akzeptieren“, sagt Dornier.
In Bergen ein Pionier
Auch der Arzt Stein Husebö plädiert dafür, die Würde des Menschen bis zum Schluss zu erhalten. Dafür, meint er, müsse man die Menschen aber gut kennen. Er streckt seinen Arm aus und zeigt auf die erste Reihe des Publikums. „Maja Dornier weiß ich zum Beispiel, braucht Rotwein“, meint Husebö. Auf dem Gebiet der Hospizarbeit ist Husebö in seiner Heimat Bergen ein Pionier. Dort gründete er eine der ersten Gruppen, die Hospizpatienten zu Hause betreut. Das 20. Jubiläum des Hospizvereins nimmt Husebö zum Anlass, einen Festvortrag über die „Liebe in Leben und Tod“zu halten. Dabei spricht er vor allem über Hoffnung. Husebö erzählt dem Publikum von einem Patienten, den er sein ganzes Leben hinweg begleitete. Der Mann litt unter einer permanent offenen, blutenden Haut. Mit 18 Jahren bekam er eine Blutvergiftung, dann kam das Multiorganversagen. Trotzdem gründete der Junge einen Verein für köperbehinderte Jugendliche und half auch Husebö in schweren Zeiten. „Für viele Patienten bedeutet Hoffnung nicht unbedingt Optimismus, sondern das Bewusstsein, dass etwas einen Sinn hat. Unabhängig, wie es endet“, sagt Husebö. In seinem Festvortrag ruft er deshalb alle Haupt- und Ehrenamtlichen auf, sich intensiv mit jedem Patienten auseinanderzusetzen.
Im Jahr 1918 starben die meisten Menschen zu Hause. Hundert Jahre später „haben wir den Tod getötet“, sagt Husebö. Die meisten Patienten sterben in der heutigen Zeit im Krankenhaus. Das Bild des friedlichen Todes kenne kaum noch jemand. Husebö spricht auch von einem informierten Einverständnis, das seiner Meinung nach viel zu selten eingeholt wird. In diesem Zusammenhang plädiert er dafür, dass sowohl schwer kranke Patienten, als auch die Angehörigen, ausführlich über die letzten möglichen Behandlungsschritte informiert werden sollten. „Wenn es zu Ende geht, muss die Familie früh genug geholt werden“, meint Husebö. Beide Seiten sollten, seiner Meinung nach, genügend Zeit haben, sich zu verabschieden.
Neben den Reden wollte Dornier das 20-jährige Bestehen des Hospizzentrums auch musikalisch würdigen. Die Pianistin Margarita Höhenrieder spielte zusammen mit dem Violoncellisten Julius Berger Sonaten von Ludwig van Beethoven und Felix Mendelssohn-Bartholdy. Mit einem letzten Stück von Johann Sebastian Bach luden die beiden das Publikum ein, ihre eigenen Gedanken schweifen zu lassen.