Hartes Urteil für Brandstifter von St. Jodok
Prozess um Kirchenbrände im Kreis Ravensburg: Sieben Jahre und zwei Monate Haft
RAVENSBURG - Der Brandstifter von St. Jodok muss für sieben Jahre und zwei Monate ins Gefängnis. Vorsitzender Richter Franz Bernhard begründet das strenge Urteil am Dienstag damit, dass der Angeklagte die Kirchen St. Martin in Schlier und St. Jodok nach Überzeugung des Landgerichts absichtlich angezündet habe. Die vom Täter aufgetischten Geschichten, er habe aus Liebeskummer nur das Foto seiner Ex-Freundin verbrennen wollen und sich später gewundert, wie dadurch so ein folgenschwerer Großbrand entstehen konnte, hält er für „Theater“.
Regungslos hört sich der 40-jährige Angeklagte die Urteilsbegründung an, obwohl sie in seinen Ohren sehr hart klingen muss. „Sie sind eine schwierige Persönlichkeit: kriminell und dissozial“, beginnt Bernhard. Schon von Kindheit an hat der Angeklagte unzählige Straftaten begangen, meist Diebstähle, Einbrüche und Betrügereien. Mit der Brandstiftung sei er jetzt in eine „Liga der Schwerstkriminalität“aufgestiegen, die nichts Gutes erhoffen lasse. Bernhard hält es für unwahrscheinlich, dass der Mann vor Ablauf der Strafe noch einmal auf Bewährung entlassen wird – wie bei früheren Haftstrafen – und warnt ihn, dass bei der nächsten schweren Straftat eine Sicherungsverwahrung im Raum steht: Dann käme der Brandstifter nie mehr in Freiheit.
Der Täter sei ein Mensch, der die Schuld für sein eigenes verpfuschtes Leben grundsätzlich bei anderen suchen würde. Gleichzeitig sei der intelligente Mann ein „manipulativer Egozentriker“, habe Frauen und Freunde schamlos ausgenutzt, auch finanziell. Als Beispiele nannte er die Ex-Freundin, die in nur einem Jahr 30 000 Euro für den damaligen Geliebten ausgegeben hat und den gutmütigen Freund, der ihn ständig chauffieren musste. Zum Dank habe er diesen in einem anderen Gerichtsprozess um ein kleineres Betrugsdelikt auch noch „hereingeritten“und angeschwärzt. Empathiefähigkeit gleich null.
Nicht der Alkohol habe den Mann dazu getrieben, am 10. März 2018 erst in der Schlierer Kirche und dann in St. Jodok zu zündeln, sondern ein „Reizhunger“, die innere Leere zu füllen, und „Sensationsgier“. Nachdem er in Schlier gemerkt habe, dass es gar nicht so einfach ist, eine Steinkirche abzubrennen, sei er bewusst mit dem Bus nach Ravensburg gefahren, weil er wusste, dass sich die Polstercouch und Sitzwürfel in St. Jodok leichter anzünden ließen.
Richter Bernhard hält es ebenso wie zuvor schon die psychiatrische Gutachterin für ausgeschlossen, dass der Täter dabei vorher zwei Flaschen Schnaps getrunken hat. Denn dann wäre der Promillegehalt so hoch gewesen, dass er nur noch hätte torkeln und lallen können. Sein Verhalten vor, während und nach dem Brand war aber zielgerichtet und in sich logisch.
Als geradezu bodenlos frech bezeichnet Richter Bernhard das Verhalten des Täters in der Zeit bis zu seiner Verhaftung. An seinem 40. Geburtstag, zwei Tage nach dem Brand, hat er unter falschem Namen bei der Polizei angerufen und einen Obdachlosen aus dem Württemberger Hof der Tat bezichtigt. Wiederum zwei Tage später schrieb er in der Arbeitsagentur unter dem Account eines anderen Arbeitslosen, der vergessen hatte, sich am Computer auszuloggen, eine Drohmail ans Landeskriminalamt: „Es werden weitere Kirchen brennen.“So ein perfides Vorgehen erfordere einige kriminelle Energie. Die Mail habe eine massive Störung des öffentlichen Friedens nach sich gezogen. „Die Polizei war in heller Aufregung und hat eine Sonderkommission mit bis zu 30 Mitgliedern gegründet“. Kindheit und Jugend des Angeklagten verliefen zwar „verheerend“, räumt Bernhard ein. Mit einem gewalttätigen Alkoholiker als Vater, einer überforderten Mutter und einem Erzieher, der ihn im Alter von 13 Jahren im Heim missbrauchte. „Aber nicht jedes vernachlässigte Kind schlägt einen solchen Weg ein.“
Das Gericht erteilte dem Ansinnen der Verteidiger eine Absage, dem 40-Jährigen eine Therapie zu ermöglichen, nachdem schon sechs gescheitert sind. Wegen mangelnder Erfolgsaussicht. „Jetzt helfen nur noch Sanktionen. Die lange Haftstrafe muss weh tun.“Tags zuvor hatte der Brandstifter in seinem Schlusswort noch um eine milde Strafe gebeten: „Meine Zeit lauft langsam ab. Ich bin jetzt 40 Jahre alt und will aus dem Knast auf zwei Füßen raus – und nicht im Zinksarg.“Sollte er nach den sieben Jahren Gefängnis noch einmal eine schwere Straftat begehen, droht ihm aber genau das, machte Bernhard deutlich: lebenslängliche Sicherungsverwahrung.
„Sie sind eine schwierige Persönlichkeit: kriminell und dissozial.“Richter Franz Bernhard