„Wir helfen gibt uns auch etwas zurück”
Anneliese Spangehl engagiert sich seit 25 Jahren für die Bürgeraktion – Team ist dankbar für jede Spende
LINDAU - Vor 25 Jahren haben Uschi Krieger und Michael Urbanzyk die LZ-Bürgeraktion ins Leben gerufen. Seit den Anfangstagen mit dabei ist Anneliese Spangehl. Sie ist froh, dass Wir helfen heute fest etabliert ist in Lindau und Umgebung. Denn sie erinnert sich noch gut an jene Zeiten, in denen sie mahnende Anrufe von Stadt oder Kreis erhielt: „Es ist kein Geld mehr auf dem Konto.” Diese Zeiten hat ihre heutige Mitstreiterin Barbara Krämer-Kubas nicht mehr erlebt. Sie engagiert sich seit sechs Jahren für Wir helfen. Die beiden Frauen sind heute das Gesicht von Wir helfen. Und trotz des oft zeitaufwendigen Einsatzes sind sie überzeugt: „Wir helfen gibt uns auch etwas zurück.”
Als Spangehl sich von der Sozialarbeiterin Uschi Krieger und dem LZ-Redakteur Michael Urbanzyk im Herbst 1993 überzeugen ließ, bei der jungen Bürgeraktion mitzuwirken, da waren die Hilfsmöglichkeiten noch sehr überschaubar: 5000 Mark auf dem Konto waren da schon richtig viel Geld. „Allerdings konnten wir vor 25 Jahren auch mit deutlich kleineren Beträgen, mit 50 oder 100 Mark, schon viel helfen”, erinnert sich die pensionierte Rektorin. Heute sind nach ihren Worten oft mehrere Hundert Euro pro Hilfsantrag erforderlich, wenn es etwa um für Rentner unerschwingliche Rechnungen aus dem Gesundheitssektor geht oder in einer Familie die Waschmaschine kaputt gehe.
Auf Familien beziehungsweise Kinder haben beide Frauen ohnehin ein wichtiges Augenmerk: Wie Spangehl, ist auch Krämer-Kubas pensionierte Pädagogin. Und beide verstehen nicht, dass die Bundesregierung zwar einen Fördertopf „Bildung und Teilhabe” für die Kinder von Familien mit nur kleinem Einkommen eingerichtet hat. Dass Geld daraus aber nur Familien erhalten, die unter den HartzIV-Sätzen liegen: „Verdienen beide Eltern eigenes Geld, das in der Summe aber um 50 oder 100 Euro über diesen Regelsätzen liegt, dann haben deren Kinder keinen Anspruch auf diese staatliche Unterstützung.” Das wurmt die beiden Wirhelfen-Frauen.
Schuljahersbeginn belastet viele Familien finanziell
Und so sind insbesondere die ersten Wochen nach den Sommerferien die Zeit, in der zahlreiche Anträge für den Schulstart bei Wir helfen eingehen. Aber auch Zuschüsse für Klassenfahrten halten die beiden Pädagoginnen für wichtig: Kein Kind dürfe aus finanziellen Gründen bei einem solchen Ereignis zu Hause bleiben, sind Spangehl und Krämer-Kubas überzeugt. Natürlich werde jeder Antrag genau geprüft. Können Jobcenter oder Jugendamt nicht helfen, gebe Wir helfen unbürokratisch schnelle Hilfe. Ansonsten schauen die Mitarbeiter der Caritas sich den finanziellen Hintergrund der Antragsteller genau an. „Wir sind sehr froh über die große Unterstützung, die uns Caritas und Sozialstation, Landratsamt und Stadtverwaltung geben”, so Spangehl und KrämerKubas. Und froh sind die beiden auch über jede Spende, ob 20 Euro als Dauerauftrag oder große Firmenspende. Denn wie vor 25 Jahren steht und fällt die Arbeit der LZ-Bürgeraktion auch heute mit dem Spendenaufkommen. So habe man erst vor Kurzem einem Schwerbehinderten einen Zuschuss für einen SpezialRollstuhl gegeben: „Die Krankenkasse zahlte dafür nur einen kleinen Betrag”, schildert Spangehl. Und Krämer-Kubas fügt Beispiele an wie Zuschüsse für Fahrtkosten zu Kliniken, die von Krankenversicherungen nicht übernommen werden, für Physiotherapie und auch für ein spezielles Therapierad für ein Kind, das damit sein Gleichgewicht trainieren kann. Und für manchen Rentner sei sogar der Eigenanteil, den Krankenkassen für die Befreiung von der Zuzahlung erheben, zu viel Geld, sodass Wir helfen auch da immer wieder unterstützt.
Was Spangehl beobachtet: Mit dem Lauf der Jahre steige die Zahl derer, die unverschuldet in Not geraten. Dennoch bleibt der zweite Ansatz der Gründer nicht ganz außer Acht. So schildert Krämer-Kubas den Fall eines älteren Herren, den sie regelmäßig zweimal im Jahr besuche, dem sie ein Kleidungsstück oder ein paar Lebensmittel mitbringe: „Der Mann ist glücklich, wenn er mal eine halbe Stunde lang mit jemandem reden kann.” Bei einem solchen Besuch habe er ihr einmal ganz nebenbei erzählt, wie gerne er mal wieder einen ganz speziellen Kaffee trinken würde – den ihm dann Wir helfen spendierte.
Nicht nur dieser Rentner sei sehr dankbar, dass es Wir helfen gibt. „Es gibt immer wieder Hilfsbedürftige, die mich später anrufen und sich bedanken”, berichtet Spangehl: Die seien glücklich, dass die Bürgeraktion ihnen ein gut erhaltenes gebrauchtes Elektrogerät bezahlt hat, dass eine der Wir-helfen-Frauen mit ihnen in den BRK-Kleiderladen gegangen ist oder sie zum Möbelkauf ins Unternehmen Chance gefahren hat.
Und das sind die Augenblicke, die beide Frauen auch nach vielen Jahren Engagement für Wir helfen berühren: „Da gibt uns Wir helfen auch etwas zurück”, sind sich Barbara Krämer-Kubas und Anneliese Spangehl einig. Und für die Frau aus den Anfangstagen der LZ-Bürgeraktion ist nach 25 Jahren Wir helfen klar: „Es ist zeitaufwendig, es ist manchmal auch anstrengend – aber ich würde es jederzeit wieder machen”, zeigt sich Spangehl überzeugt.