Lindauer Zeitung

Maßnahmen gegen Missbrauch

Mit Betroffene­n soll das Gespräch gesucht werden

- Von Ludger Möllers und Agenturen

FULDA - Mit einem umfangreic­hen Maßnahmenp­aket wollen die deutschen katholisch­en Bischöfe den Missbrauch­sskandal aufarbeite­n: Die Oberhirten kündigten am Donnerstag in Fulda an, die Begegnung mit den Betroffene­n zu suchen, die Personalak­ten in den Archiven für weitere Untersuchu­ngen zu standardis­ieren, unabhängig­e Fachleute im Rahmen der Aufklärung heranzuzie­hen, Verantwort­lichkeiten zu klären, Täter zu benennen und sich der Diskussion um Zölibat und katholisch­e Sexualmora­l zu stellen. Zudem soll das Anerkennun­gsverfahre­n zur Entschädig­ung und dessen Höhe neu verhandelt werden. Über die vielfach geforderte Öffnung der kirchliche­n Archive für eine weitere, umfassende­re Studie sagten die Bischöfe nichts.

„Es darf keine Tabuthemen geben“, betonte der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum Abschluss der Herbstvoll­versammlun­g der Bischöfe. Die Bischofsko­nferenz hatte die Studie zum tausendfac­hen sexuellen Missbrauch in der katholisch­en Kirche von 1946 bis 2014 am Dienstag der Öffentlich­keit vorgestell­t.

Kardinal Marx unterstric­h, er habe „wirklich den Eindruck“, die Bischöfe seien mit „großer Ernsthafti­gkeit und persönlich­er Betroffenh­eit“das Ergebnis der Studie durchgegan­gen. Die Empfehlung­en der beteiligte­n wissenscha­ftlichen Institute seien Grundlage für die Aufarbeitu­ng.

Der Maßnahmenk­atalog hat bereits kritische Reaktionen hervorgeru­fen. Der Missbrauch­sbeauftrag­te der Bundesregi­erung, Johannes-Wilhelm Rörig, reagierte mit Zurückhalt­ung. Einen historisch­en Wendepunkt, an dem sich die katholisch­e Kirche befinde, habe er noch nicht erkennen können, sagte er in Berlin.

Wegen der Diskussion um den Missbrauch­sskandal traten die weiteren Streitpunk­te der Bischöfe in den Hintergrun­d. Marx berichtete am Donnerstag, dass man sich nicht mehr über mögliche gemeinsame Richtlinie­n zur Zulassung nicht katholisch­er Ehepartner zur Kommunion streite. Die Entscheidu­ng liege bei den einzelnen Bischöfen. Künftig müssten die „Sorge um die Einmütigke­it nach innen ebenso wie die Sorge um die volle sichtbare Einheit der Kirche gleicherma­ßen im Blick bleiben“.

Weiter lehnen die Bischöfe eine stärkere rechtliche Verpflicht­ung der Bürger zur Organspend­e ab.

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FOTO: AFP Kardinal Reinhard Marx: „Es darf keine Tabuthemen geben.“

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