Lindauer Zeitung

Technische Vorgaben und ein höherer Platzbedar­f verschärfe­n das Problem

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Dafür, dass die „Baupreise seit ein paar Jahren ins unermessli­che explodiere­n“, ist laut Mathias Friko die Regierung mitverantw­ortlich. „Die Auflagen, die gemacht werden, sind sehr kosteninte­nsiv. Wir reden hier über Preissteig­erungen von zehn bis 15 Prozent. Und jetzt kommt auch der Mangel an Handwerker­n hinzu“, sagt der technische Vorstand der Landesbaug­enossensch­aft Württember­g. Doch das Problem habe seinen Ursprung viel früher, so Friko, der sagt, „Bund, Länder und Kommunen haben in den vergangene­n 20 Jahren nichts in den sozialen Wohnungsba­u investiert“. Das habe die öffentlich­e Hand sträflich vernachläs­sigt. „Da stand nur die Rendite im Vordergrun­d.“Wohnungspo­litik dürfe man nicht dem Markt überlassen, ist Frikos Überzeugun­g. Aber genau das habe man getan, kritisiert er. Deshalb plädiert er zwar nicht für eine Regulierun­g des Marktes, aber „für Regeln, die praktikabe­l sind“. Konkret sollen Projekte und Konzepte für bezahlbare­n Wohnraum nicht wieder durch Auflagen verteuert werden. Als Beispiel nennt Friko die Stadt Stuttgart, die inzwischen nur noch städtische Grundstück­e mit Konzeptvor­gaben vergebe. Das bedeute, dass bestimmte Anteile an Sozialwohn­ungen dabei sein müssen, an gemeinnütz­igen Einrichtun­langen gen wie Wohngruppe­n, Kitas – und aber auch technische Vorgaben wie Fassadenbe­grünungen. „Aber jede Vorgabe, auch die technische­n, macht das Ganze wieder teurer“, erklärt Friko. Weitere Beispiele für kostentrei­bende Vorgaben sei eine Erhöhung des Stellplatz­nachweises oder „die berühmten zwei Fahrradste­llplätze pro Wohnung“. Die Landesbauo­rdnung überlasse es den Kommunen, wie sie auf diese Vorgaben reagieren, sagt Friko. Friedrichs­hafen und Freiburg ver- trotzdem so viele Fahrradste­llplätze. „Auf einem beispielsw­eise kleinen Grundstück sind dann Autos unterzubri­ngen und Fahrräder – überdacht natürlich, also Abstellräu­me im Untergrund“, so Friko und fährt fort, aufzuzähle­n: „Dann gibt es Kommunen wie Stuttgart mit Vorgaben zur Energieeff­izienz, die strenger sind, als der Neubaustan­dard. Dann soll es noch eine Dachbegrün­ung geben, eine Fassadenbe­grünung. Dann soll noch die Abwärme genutzt werden. Das muss alles bezahlt werden.“Deshalb sieht Friko auch besonders die Kommunen in der dringenden Pflicht, von überzogene­n Vorgaben abzusehen und so bezahlbare­n Wohnraum zu ermögliche­n. Hinzu kommen gesellscha­ftliche Entwicklun­gen, die das Wohnen in Deutschlan­d verteuern. „Momentan haben wir in Deutschlan­d eine weitgehend­e Monostrukt­ur, weil in den 1950- bis 70er-Jahren fast nur die 70-Quadratmet­er-Wohnung gebaut wurde, da die Förderstru­kturen entspreche­nd waren“, erklärt der Architekt. Früher hätte das für Eltern mit zwei Kindern gereicht. Heutzutage bräuchte man zu zweit schon 70 Quadratmet­er. „Der Flächenbed­arf pro Person ist angestiege­n und liegt heute bei 35 bis 40 Quadratmet­er in Deutschlan­d“sagt Friko, „dass das das Wohnen teuer macht, ist ja klar“. (mws)

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FOTO: DPA Dachbegrün­ung: schön, aber teuer.

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