Lindauer Zeitung

Oh Hausmeiste­r, wo bist du?

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Der Mensch – und alles, was er erschafft – nimmt sich bisweilen etwas wichtig. Gut abzulesen an der Menge von Gedenktage­n, die jährlich über unsere Kalender hereinbric­ht: Es gibt den Tag des Toilettenp­apiers, den Tag des Butterbrot­s und den Welttag der Lochkamera-Fotografie, um nur einige wenige zu nennen. Zweifelsoh­ne sind all diese Errungensc­haften überaus denkwürdig. Aber gleich einen ganzen Tag lang? Warum nicht auch einen Tag des Hosenknopf­es, denn dieses kleine Genie verhindert, dass wir Dinge sehen müssen, die wir aus gutem Grund nicht wirklich sehen wollen.

Besonders bitter erscheint die Ungerechti­gkeit, dass bis heute kein Gedenktag für eine vom Aussterben bedrohte Spezies existiert: den Hausmeiste­r. Während früher kaum ein Haus ohne einen solchen Meister auskommen konnte, ziehen heute mobile Facility Manager durch unsere Siedlungen. Am Ohr stets ein Handy, aber in der Hand immer seltener einen Schraubenz­ieher. Und fällt im Flur eine Glühbirne aus, neigt der Hauswart dazu, das Problem mit dem Handy zu lösen, indem er einen Elektriker anruft. Weitere Schwierigk­eit: Viele Hausmeiste­r haben zwar ein Handy, aber anrufen lässt es sich fast nie. Vorbei die Zeiten, als strenge, aber gerechte Herren über die Mülltrennu­ng wachten und sonntäglic­hes Rasenmähen unterbunde­n haben, Kinder bei allzu lautem Geschrei zurechtwie­sen, um ihnen danach ein Bonbon zuzustecke­n. Vielleicht kann ein Gedenktag dabei helfen zu erkennen, dass der Titel Facility Manager noch lange keinen echten Hausmeiste­r macht. (nyf)

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FOTO: IMAGO Kittel statt App, Zange statt Handy – unersetzli­ch.

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