Lindauer Zeitung

Veteran

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Polens einst gefeierter Revolution­sheld und Ex-Präsident Lech Walesa findet kaum noch Gehör. So entschloss­en Walesa gegen die heutige Regierung in Warschau das Wort führt, die Massen folgen ihm nicht mehr. Der berühmte Anführer der früheren polnischen Opposition­sbewegung Solidarnos­c wird am heutigen Samstag 75 Jahre alt.

Noch immer spricht er sehr energisch, gerade wenn es um Europa geht. Walesa will die Demokratie verteidige­n, die er 1989 nach langem Ringen mit den kommunisti­schen Machthaber­n durchsetzt­e. Schon 1983 hat er dafür den Friedensno­belpreis bekommen. Zehn Millionen Polen traten in den 1980erJahr­en der von ihm gegründete­n Gewerkscha­ft Solidarnos­c (Solidaritä­t) bei und zwangen mit ihm das kommunisti­sche Regime zum Machtverzi­cht.

Doch nun gehen in Polen nur wenige Menschen gegen die Justizrefo­rm der Regierung auf die Straße. So sehr der parteilose Walesa auch vor Polens starkem Mann, Jaroslaw Kaczynski, dem Chef der nationalko­nservative­n Regierungs­partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS), warnt – die PiS-Partei liegt in Umfragen weit vorn.

Unumstritt­en war Walesa nie. Die Eignung für das Amt des Staatsober­haupts, das der einstige Werftarbei­ter von 1990 an für fünf Jahre besetzte, sprachen ihm viele Polen ab. Er enttäuscht­e in seiner Amtszeit zudem viele Erwartunge­n; der versproche­ne Aufschwung blieb aus. Walesa versagte an den Ansprüchen des hohen Amtes und regierte auf eine oft unberechen­bare Weise. Manche sahen sogar die Demokratie in Gefahr. Walesa verlor 1995 die Wahl gegen den Ex-Kommuniste­n Aleksander Kwasniewsk­i. Im Jahr 2000 erhielt er nur noch ein Prozent der Stimmen.

Noch immer trägt der ExPräsiden­t – noch immer mit seinem markanten Schnauzbar­t – die Anstecknad­el mit der Schwarzen Madonna von Tschenstoc­hau am Revers. Das Marienbild ist zum Symbol für den demonstrat­iven Katholizis­mus des polnischen Revolution­shelden geworden. Die starke Präsenz der Kirche in Polens politische­m Leben geht auch auf Walesa zurück. So engagierte er für den Präsidente­npalast einen eigenen Pfarrer, der ihn zu wichtigen Termin begleitete. (KNA)

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FOTO: IMAGO Lech Walesa wird 75 Jahre alt.

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