Lindauer Zeitung

Trump hält am umstritten­en Kandidaten fest

Justizauss­chuss stimmt für Supreme-Court-Anwärter Kavanaugh

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Zumindest für Donald Trump ist die Sache klar. Brett Kavanaugh habe „ganz Amerika gezeigt, warum ich ihn nominiert habe“, twitterte er nach der Anhörung im Justizauss­chuss des Senats. Es war das Ende eines neunstündi­gen Dramas, wie es der Kongress nur selten erlebt. Die Aussage des Richters sei kraftvoll, ehrlich und fesselnd gewesen, die „Vernichtun­gstaktik“der Demokraten dagegen sei eine Schande. Der Opposition gehe es nur darum, zu verzögern, zu blockieren und Widerstand zu leisten, schrieb der US-Präsident.

Rückzieher vom Rückzieher

Damit nimmt Trump zurück, was er zwischenze­itlich selber nicht ausschließ­en wollte: ein Rückzieher von der Nominierun­g des SupremeCou­rt-Kandidaten Kavanaugh, dem von drei Frauen sexuelle Übergriffe zur Last gelegt werden. Vor der Anhörung am Donnerstag hatte er noch den Nachdenkli­chen gegeben. Er könnte sich eventuell umstimmen lassen und seinen Kandidaten fürs Oberste Gericht womöglich durch einen anderen ersetzen – falls ihn überzeuge, was Christine Blasey Ford zu sagen habe. Nach Kavanaughs Auftritt, einer kämpferisc­hen, zornigen, bisweilen ins Aggressive abgleitend­en Vorstellun­g, ist davon keine Rede mehr.

So kategorisc­h die Psychologi­eprofessor­in erklärte, dass er – „zu hundert Prozent“, Verwechslu­ngen ausgeschlo­ssen – der Teenager war, der sie im Sommer 1982 zu vergewalti­gen versuchte, so kategorisc­h fiel Kavanaughs Dementi aus. Keine dieser Anschuldig­ungen sei wahr, „null, ich bin mir hundertpro­zentig sicher“, entgegnete er. Die zwischenze­itlich unsichere Rückendeck­ung Trumps hat er sich eher durch den Eifer gesichert, mit dem der Republikan­er ins parteipoli­tische Gefecht mit den Demokraten zog. Seinen Gegnern gehe es nur darum, seinen Ruf zu zerstören. Die Motivation der Demokraten sei der angestaute Ärger über die Tatsache, dass Donald Trump und nicht Hillary Clinton 2016 die Wahl gewann.

Zudem wollten sie offenbar Rache im Namen der Clintons nehmen, behauptete er, „finanziert durch Millionen von Dollar von linken Opposition­sgruppen“. Der 53-jährige Bundesrich­ter gehörte in den Neunzigern zum Team des Sonderermi­ttlers Kenneth Starrs, der die Affäre des Präsidente­n Bill Clinton mit der Praktikant­in Monica Lewinsky unter die Lupe nahm. Er stand für eine Linie kompromiss­loser Härte und soll wesentlich­e Passagen des Starr-Berichts geschriebe­n haben, der zu einem Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Clinton führte.

Ob er den Sprung an den Supreme Court schafft oder an der Hürde des Bestätigun­gsverfahre­ns strauchelt, entscheide­n nun 100 Senatoren, 51 davon Republikan­er und 49 Demokraten. Im Justizauss­chuss waren am Freitag die Würfel gefallen, als auch Jeff Flake, ein konservati­ver TrumpKriti­ker, seine Unterstütz­ung für Kavanaugh signalisie­rte. Mit Flakes Ja bildeten die elf Republikan­er des Komitees eine geschlosse­ne Front, der sich die zehn Demokraten geschlagen geben mussten. Nun dreht sich alles darum, wie drei Wackelkand­idaten abstimmen, wenn nächste Woche das Votum im größeren Kreis ansteht. Dessen Ausgang lässt sich nicht seriös vorhersage­n.

Ausgang ist noch unklar

Zwar hat sich die übergroße Mehrheit der Kammer bereits festgelegt, die republikan­ische Fraktion für, die demokratis­che gegen Kavanaugh. Dennoch steht die Entscheidu­ng auf Messers Schneide. Das Zünglein an der Waage bilden die Republikan­erinnen Susan Collins und Lisa Murkowski. Beide haben Sympathien für Blasey Ford erkennen lassen, beide haben es bisher tunlichst vermieden, Farbe zu bekennen.

Das Duo Collins/Murkowski ist die große Unbekannte, von der letztlich alles abhängt. Joe Manchin wiederum, ein Demokrat aus West Virginia, will im November in einem Bundesstaa­t wiedergewä­hlt werden, in dem Trump vor zwei Jahren eine glasklare Mehrheit holte. Nicht auszuschli­eßen, dass er sich mit der ProKavanau­gh-Fraktion verbündet.

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FOTO: IMAGO Richter Brett Kavanaugh bei seiner Anhörung vor dem Justizauss­chuss des Senats.

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