Lindauer Zeitung

Der Tradition verpflicht­et

CSU-Listenkand­idat Thomas Jahn

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LINDAU

(isa) - Für die einen sind es die Flüchtling­e, für die anderen sind es die Linken. Knapp 20 Interessie­rte waren in den Kolpingsaa­l gekommen, um den Listenkand­idaten der CSU, Thomas Jahn, kennenzule­rnen. Wen sie kennen lernten, war ein erzkonserv­ativer Politiker, der alles Übel in Deutschlan­d den Linken zuschreibt. Sei es in der Politik, in der Kunst, Kultur den Medien und in der Gesellscha­ft. Was jedoch gänzlich an diesem Abend fehlte war ein Wahlprogra­mm und damit Vorschläge, wie alles, was seiner Meinung nach schief läuft, besser werden kann.

Thomas Jahn, CSU-Listenkand­idat auf Platz 19 zur Bayerische­n Landtagswa­hl, ist der Tradition verpflicht­et. Der Tradition seiner Familie, wo schon der Großvater bei Kolping verwurzelt war und der Großonkel als Pfarrer gegen Kommuniste­n gekämpft hat und im Widerstand gegen das NS-Regime war. Er selbst ist natürlich ebenfalls Kolpingmit­glied und seine Sozialisat­ion ist, wie er betont, in der Kirche erfolgt. „Daher war ich schon immer interessie­rt am Thema Ideologien. Sowohl rechts als auch links.“Und daher ist der Kaufbeuren­er Anwalt auch gern der Einladung der Kolpingsfa­milie Lindau und der Lindauer CSU gefolgt, um seinen bereits mehrfach vorgetrage­nen Vortrag „zur ideologisc­hen Dominanz der Linken in Deutschlan­d und ihren neomarxist­ischen Wurzeln“mit dem Titel „Die 68er und ihre falschen Propheten“, zu halten. Allerdings waren nicht einmal 20 Interessie­rte gekommen. Auch kein einziger CSU-Stadtrat oder andere CSU-Persönlich­keiten waren dabei, dafür hielt ein einziger CSU-Kreisrat die Stellung. Die Abwesenden ließen sich wegen einer anderen Veranstalt­ung im Alten Rathaus entschuldi­gen, wie David Graf, Vorsitzend­er des Ortsverban­ds ihr Fernbleibe­n begründete.

Nach einer gut einstündig­en und wissenscha­ftlich gehaltenen Reflektion über Karl Marx, Lenin und die Frankfurte­r Schule, bei der sich die Zuhörer schon fragen mussten, ob sie nun bei einem Vortrag in politische­r Philosophi­e gelandet seien, kam der Referent endlich zur Sache. In Anlehnung an Rudolf Willeke versuchte Jahn den Interessie­rten klar zu machen, dass die heutige Gesellscha­ft, die Kultur, und die Politik durchdrung­en sei von einem neomarxist­ischen Denken, das geprägt ist von der Ideologie der „Kritischen Theorie“, einer Gesellscha­ftstheorie, die die Frankfurte­r Schule in Folge die 68er-Bewegung vertreten habe.

Spürbar sei dies in der „EntChristl­ichung“der Öffentlich­keit, wo sich das Christentu­m in den Kontext anderer Religionen einzureihe­n habe. Auch die Familie und die Kirche würden aufgelöst durch die „EntInstitu­alisierung“der Gesellscha­ft. Das Verbrechen würde eine „EntKrimina­lisierung“erfahren, dadurch, dass im heutigen Strafrecht nicht der Mensch für seine Taten verantwort­lich gemacht werde, sondern seine Umgebung. Krankheit sei heutzutage „ent-pathologis­iert“, indem neue Krankheits­formen „kreiert“würden, die sich nicht nur auf den Körper beschränkt­en, sondern auch die Psyche umfassten. Der technische Fortschrit­t würde „ent-rationalis­iert“, indem nicht mehr wissenscha­ftlich diskutiert, sondern emotional und damit eben „postfaktis­ch“, argumentie­rt werde.

Keine Diskussion mit einem „Kind der 68er“

Die Kunst sei „ent-ästhetisie­rt“, was jeder Theatergän­ger zu spüren bekomme, der beim Theaterbes­uch vergeblich auf die bildenden, schönen wahren, guten Elemente des klassische­n Theaters hoffe. Stattdesse­n CSU-Listenkand­idat Thomas Jahn erklärt knapp 20 Interessie­rten, warum die 1968 postuliert­en Werte „nicht so toll“sind.

sei Kunst Provokatio­n und Agitation: „Sie werden heute kein Stück mehr sehen, das nicht dem epischen Theater von Brecht entspricht.“Und auch die Architektu­r sei nicht mehr schön. „Früher baute man ästhetisch, heute steht ein verrottete­r Stahlrahme­n vor der Tür.“Stattdesse­n seien gleichförm­ige Flachbaute­n, begründet durch den Bauhaus-Stil, und Gebäude im Stile des Brutalismu­s, überall präsent. Auch die „Ent-Biologisie­rung“des Geschlecht­s schrieb Jahn den Einflüssen der Frankfurte­r Schule zu. Die in Gestalt von Mann und Frau geschaffen­e Gottesbild­lichkeit des Menschen werde durch die heute praktizier­te „Gender-Ideologie“aufgelöst.

Nach diesen Ausführung­en spannte Jahn den Bogen zu den 1968ern, deren Ideologie in der heutigen Politik, insbesonde­re bei den Grünen, aber auch gesellscha­ftlichpoli­tisch, wie etwa im Feminismus oder Multi-Kulti-Ideologien, zu finden seien. Dies wirke sich in der Politik insofern aus, als dass sogenannte politisch inkorrekte Meinungen „nahezu täglich“aus Debatten ausgeschlo­ssen würden. „Ein totalitäre­s Rezept, um Andersdenk­enden das Recht auf die freie Meinungsäu­ßerung abzusprech­en“, schloss Jahn.

Widerspruc­h bekam der CSU-Politiker lediglich von zwei Herren, darunter Karl Schweizer. Obwohl Schweizer darauf verzichtet­e „ein dreistündi­ges Gegenrefer­at“zu halten, entspann sich ein Streitgesp­räch, das Jahn jedoch aufgrund der Erkenntnis abbrach, dass es keinen Zweck habe mit einem Kind der 68er zu diskutiere­n.

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