Die Schattenseite der LED-Lampen
Die vermeintlich umweltfreundlichen Lichter geraten in die Kritik, weil sie den Schlaf und die Tierwelt stören
RAVENSBURG (vin) - Sie gelten als umweltfreundlich, weil sie weniger Strom verbrauchen als herkömmliche Leuchten: Viele Städte und Gemeinden ersetzen ihre Straßenlaternen nach und nach durch LED-Lampen. Die neue Technologie gerät aber zunehmend in die Kritik: Der starke Blauanteil im Lichtspektrum schädigt die Augen und stört den Schlaf, weil er die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin hemmt. Zudem scheinen die neuen Lampen Insekten und andere Tiere genauso zu stören wie die alten Laternen.
Das bestätigt der BUND Ravensburg auf Anfrage der SZ. Bekannt sei, dass viele Nachtfalter, Käfer und Fliegen eher auf kurzwelliges Licht reagieren, und LEDs hätten meist einen Peak im – kurzwelligen – blauen Bereich. „Selbst warmweiß leuchtende Dioden haben oft noch ein Blau-Maximum“, heißt es in der Stellungnahme von Ulfried Miller, dem Geschäftsführer des BUND. „Es könnte also sein, dass an LEDs ähnlich viele Insekten sterben wie an den herkömmlichen Straßenleuchten.“
Erschwerend kommt aber hinzu: Durch den deutlich niedrigeren Stromverbrauch gehen viele Kommunen dazu über, die LED-Lampen auch in Wohngebieten die ganze Nacht über brennen zu lassen, weil das dem subjektiven Sicherheitsempfinden vieler Menschen entgegenkommt. „Die nächtliche Lichtsuppe beeinflusst etliche Tierarten – und auch den Menschen. Nächtliche Beleuchtung senkt die Blütendichte bestimmter Wiesenpflanzen. Singvögel wie Rotkehlchen und Amseln beginnen früher im Jahr zu singen. Insekten konzentrieren sich um Lampen, verenden vor Erschöpfung oder werden zur leichten Beute von Räubern“, beschreibt Miller.
Bürgerinitiativen gegen die Lichtverschmutzung
In manchen Großstädten haben sich schon Bürgerinitiativen gegen die Lichtverschmutzung durch LED-Laternen gebildet, deren Mitglieder über schlechteren Schlaf seit der Umstellung klagen. Zum Beispiel in Berlin und Düsseldorf. Das kaltweiße, grelle Licht wirkt auf viele ungemütlich, blendend und steril. Anscheinend trügt das Gefühl, schlechter zu schlafen, nicht. Im Jahr 2016 veröffentlichte die renommierte American Medical Association eine Warnung vor stark blauhaltigen, kaltweißen LED-Lampen zur Straßenbeleuchtung. Die aktuelle Studienlage zeige einen direkten Zusammenhang von hellerer Straßenbeleuchtung in Wohngebieten mit verringerter Schlafzeit und -qualität. Der Grund sei die hohe Hormonwirksamkeit des LED-Lichtes, das die Produktion des Schlafhormons Melatonin fünf Mal stärker beeinträchtige als herkömmliche Straßenbeleuchtung.
Die Umstellung auf LED bietet aber auch Chancen, weil sich diese Lampen dimmen lassen. „LEDs ermöglichen, Licht mit bisher unerreichter Präzision auszurichten und seine Farbe zu bestimmen“, erklärt Umweltschützer Miller.