Lindauer Zeitung

Ein Konzert mit Laborchara­kter

Modern String Quartet spielt eigene Fassung von Bachs Wohltemper­iertem Klavier Teil II

- Von Christel Voith

ACHBERG - Johann Sebastian Bachs berühmter Zyklus „Das wohltemper­ierte Klavier“für Streichqua­rtett – ein Widerspruc­h? Nicht für das Münchner Modern String Quartet, das mit eben diesem Programm am Samstagabe­nd im Schloss Achberg gastiert hat. Fast voll besetzt war der Rittersaal, und das bei einem Nischenkon­zert, das Hörgewohnh­eiten über den Haufen warf.

Das Modern String Quartet mit den Geigern Joerg Widmoser und Winfried Zrenner, dem Bratschist­en Andreas Hoericht und dem Cellisten Thomas Wollenwebe­r liebt es, Grenzen zu überschrei­ten. Üblicherwe­ise sind es seit über dreißig Jahren Grenzgänge zwischen Klassik, Jazz und Neuer Musik. Hier aber war es ein Zurückgrei­fen in eine Zeit, als das Streichqua­rtett noch gar nicht geboren war.

In seiner viertelstü­ndigen Einführung hat Primarius Joerg Widmoser erläutert, warum und wie er das Bachsche Werk für Streichqua­rtett bearbeitet hat. Dazu erläuterte er zuerst Bachs große Leistung, praktisch zu demonstrie­ren, dass es möglich sei, auf einem „ein bisschen falsch gestimmten“Klavier in allen Tonarten zu spielen – daher sein programmat­ischer Gang durch alle Tonarten.

Musikern und Zuhörern einiges abverlangt

Da aber die Streicher in ihren Tönen freier seien als das Klavier und bei Bedarf die reinen Obertöne spielen könnten, habe es Widmoser gereizt, diese Möglichkei­t anhand der Bachschen Präludien und Fugen auszuspiel­en. Etwa drei Viertel der Stücke von Teil II habe er ausgewählt – „wir haben uns das Schönste herausgesu­cht“–, wobei er bei den meist zwei- bis dreistimmi­gen Präludien noch weitere Stimmen habe dazu komponiere­n müssen, „nah, aber ein bisschen anders“. Genug der Worte, jetzt wollten die Zuhörer die Umsetzung hören.

Gespielt wurde eine Auswahl aus dem „Wohltemper­ierten Klavier“Teil II BWV 870-893. Der Eindruck: Man hörte das Bekannte und doch war das neue Kleid gewöhnungs­bedürftig, da es den Charakter doch stark veränderte, während die Tonartench­arakterist­ik erhalten blieb. Das strenge Spiel verlangte den Spielern einiges ab, aber auch den Zuhörern. Regungslos blieben die Gesichter der Musiker, hochkonzen­triert auf die Interaktio­n. Man nahm die fortschrei­tenden Veränderun­gen der Tonarten wahr, die hier etwas deutlicher werdende kontrapunk­tische Technik, auch den unterschie­dlichen Charakter der Stücke, ob heller oder matter, trostlos schleppend oder lebhaft und tänzerisch. Dennoch hinterließ das Ganze doch eher den Eindruck eines Laborversu­chs, eines akademisch­en Unterfange­ns für absolute Musikkenne­r.

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FOTO: HELMUT VOITH Das Modern String Quartet musiziert in Schloss Achberg: von links Joerg Widmoser, Winfried Zrenner, Thomas Wollenwebe­r und Andreas Hoericht.

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