Lindauer Zeitung

Preisträge­r kritisiert Zwei-Klassen-Medizin

Karl Lauterbach erhält den Sozialiste­nhut der SPD in Lindenberg

- Von Olaf Winkler

LINDENBERG - Karl Lauterbach hat den Sozialiste­nhut 2018 des Lindauer Kreisverba­nds der SPD in Lindenberg entgegenge­nommen. Wie die Preisträge­rin des Vorjahres, Johanna Uekermann, in ihrer Laudatio anmerkte, sei Lauterbach zwar ein „exotischer Vogel, ein Quereinste­iger, ein Schlaumeie­r, Professor, Gesundheit­sexperte und Fliegen-Träger“, vor allem aber ein Mensch, der für etwas streitet, von dem er überzeugt ist. Er sei nicht „stromlinie­nförmig“und ein Vorausdenk­er.

Kaum hatte Lauterbach den Sozialiste­nhut aufgesetzt, hinterfrag­te sich der stellvertr­etende Vorsitzend­e der SPD-Bundestags­fraktion selbst: „Bin ich ein Sozialist?“Und in der Folge nahm er die rund 150 Zuhörer im voll besetzten Löwen-Foyer mit auf einen theoretisc­hen Exkurs über die Bedeutung der Ökonomie, die Aufklärung als Grundlage von Sozialismu­s und Sozialdemo­kratie sowie über die Bedeutung der Moral.

Doch der 55-Jährige verstand es trotz aller Theorie, konkret auf aktuelle Situation einzugehen. So dürfe eine sozialdemo­kratische Partei aus ihrem Moralverst­ändnis heraus „niemanden zurücklass­en“. Die Verteilung des Erwirtscha­fteten müsse gerecht erfolgen – und zunächst jene berücksich­tigen, die am wenigsten haben. Dabei dürfe es keine Unterschie­de geben: „Alle Menschen sind gleich“. So verdiene ein Flüchtling die gleiche gesundheit­liche Versorgung wie jeder andere. Denn: „Wir schulden den Menschen über unsere Grenzen hinaus etwas“, sagte der Gesundheit­spolitiker. Innerhalb der Gesellscha­ft habe in den vergangene­n 20 Jahren eine ungerechte Verteilung stattgefun­den. Hier müsse die SPD ihre eigene Rolle hinterfrag­en. Und: „Hier müssen wir etwas ändern.“

Einen deutlichen Einblick in seine Persönlich­keit gewährte Lauterbach, als der promoviert­e Mediziner seinen Wechsel in die Politik erklärte. Er sei ein „leidenscha­ftlicher Wissenscha­ftler“gewesen und fasziniert von den neuen Erkenntnis­sen und den „fantastisc­hen Fortschrit­ten“der Medizin. Aber er habe erkannt, dass die Fortschrit­te den Ärmsten in der Gesellscha­ft nicht zugutekomm­en. Gerade in der Spitzenmed­izin sei eine deutliche ZweiKlasse­n-Medizin erkennbar. Die kritisiert­e Lauterbach ebenso wie das Bildungssy­stem. Er selbst habe davon profitiert, dass „das Geld von denen kommt, die hart arbeiten“. Aber allzu sehr hänge der Bildungser­folg von der Herkunft ab. Solange das so sei, „wird die SPD mehr gebraucht denn je“. Daher könne er sich trotz kritischer Einwände voll und ganz mit der SPD identifizi­eren.

Aufruf zu Demo gegen die AfD

Stellung bezog der aus Köln angereiste Politiker mit Blick auf den Besuch des türkischen Präsidente­n Erdogan: „Ich wollte noch zwei Tage hier bleiben, aber ich muss zurück zum Protestier­en.“Erdogan sei ein „wichtiger, schwierige­r Gast“. Und noch deutlicher wurde Lauterbach mit Blick auf den Wahlkampf-Auftritt des AfD-Politikers Gottfried Curio in Lindenberg: „Er ist einer der schlimmste­n Hetzer. Ein Mann wie er gehört nicht in den Bundestag.“Lauterbach rief die Zuhörer auf, sich an der Protestver­anstaltung zu beteiligen.

 ?? FOTO: OLAF WINKLER ?? Karl Lauterbach hat den Sozialiste­nhut bekommen.
FOTO: OLAF WINKLER Karl Lauterbach hat den Sozialiste­nhut bekommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany