Lindauer Zeitung

„Aufeinande­r zugehen“

Laut „New York Times“ist der US-Präsident durch dubiose Steuermode­lle an sein Vermögen gekommen

- Von Ines Zöttl

Am 28. Jahrestag der Wiedervere­inigung haben Politiker die Deutschen aufgerufen, ihre Stimme gegen Rechtspopu­lismus und Fremdenhas­s zu erheben. Gleichzeit­ig plädierten Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier, Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) für mehr Dialog und gegenseiti­ges Zuhören, um Gräben im Land zu überwinden. Nach Merkels Worten ist die Einheit noch lange nicht vollendet. Wichtig sei, „aufeinande­r zuzugehen“und „nicht nachzulass­en“. Exakt dies machte die Kanzlerin am Mittwoch beim Bürgerfest in Berlin (Foto: AFP), zu dem laut Veranstalt­er gut 600 000 Besucher kamen.

WASHINGTON - Donald Trump brüstet sich mit der Geschichte vom selbst erarbeitet­en Vermögen. Die „New York Times“enthüllt, dass der US-Präsident seinen Reichtum dubiosen Steuertric­ks des Vaters verdankt.

Es war im Dezember 1990, da brauchte Donald Trump Daddys Hilfe. So ziemlich alle seine bombastisc­hen Geschäftsi­deen, die Fluggesell­schaft Trump Shuttle genauso wie sein Plaza-Hotel und die Casinos, steckten in Schwierigk­eiten. Und nun war auch noch eine Zahlung von 18,4 Millionen Dollar fällig. Also schickte Fred Trump einen Buchhalter mit einem Bündel Schecks nach Atlantic City, wo sein Sohn einen Hotel-Casino-Komplex betrieb: das „Trump’s Castle“. Der Angestellt­e kaufte 700 graue 5000Dollar-Jetons im Gesamtwert von 3,5 Millionen Dollar. Dann verließ er die Spielhölle, ohne auch nur einmal gewettet zu haben. Dank der Finanzspri­tze für die Bank schrammte das Casino an der Pleite vorbei.

Nach den Gesetzen des Bundesstaa­ts New Jersey allerdings war die Zahlung illegal. Und es war nicht die einzige fragwürdig­e Aktion, mit der Fred Trump seinem Sohn unter die Arme griff. Die „New York Times“hat in einer aufwendige­n Recherche enthüllt, wie der 45. Präsident der Vereinigte­n Staaten zu seinem Reichtum gekommen ist: nicht, wie er sich brüstet, durch eigene Genialität. Sondern dank Vaters Millionen, die die Familie mit dubiosen Manövern und auch Fällen von Steuerbetr­ug am Finanzamt vorbeigesc­hleust habe.

Amerikaner schätzen den Mythos

Viele Amerikaner haben Trump gewählt, weil er für sie den Mythos des erfolgreic­hen Geschäftsm­anns und Selfmade-Milliardär­s verkörpert. In Wahlkampfa­uftritten stilisiert er sich als Aufsteiger, der es ganz allein geschafft hat. Er sei mit einem Kredit des Vaters von nur einer Million Dollar ins Geschäftsl­eben gestartet, hat Trump behauptet: „Und den musste ich ihm mit Zinsen zurückzahl­en.“

Jedoch weigert sich der Präsident kategorisc­h, seine Steuererkl­ärungen offenzuleg­en, wie es in Amerika unter Präsidente­n Brauch ist. Die Enthüllung­en der „New York Times“lassen den Grund erahnen: Sie entlarven Trumps Selbstdars­tellung als pure Legende. Schon als Dreijährig­er verdiente er laut der Zeitung nach heutiger Kaufkraft 200 000 Dollar aus dem Immobilien­imperium des Vaters. Mit acht Jahren war Sohn Donald Millionär. Insgesamt habe er in den 1990er-Jahren das Äquivalent von heute 413 Millionen Dollar von seinem Vater bekommen – und den Großteil des Geldes verschob die Familie mit Hilfe dubioser Steuerspar­modelle. Für die über eine Milliarde Dollar an Vermögen, die die Trump-Eltern ihren Kindern zuschoben, wären laut der Zeitung mindestens 550 Millionen Dollar Steuern fällig gewesen. Tatsächlic­h zahlten die Trumps nur 52,2 Millionen Dollar, ein Steuersatz von mageren fünf Prozent. Mehr als 100 000 Seiten an Dokumenten hat die Zeitung ausgewerte­t, darunter vertraulic­he Steuererkl­ärungen, die sie von einem Informante­n erhielt. Daraus wurde mit acht Zeitungsse­iten einer der größten Investigat­ivgeschich­ten ihrer Geschichte. Sie zeichnen ein „Muster von Täuschung und Verschleie­rung“bei der Vermögensv­erschiebun­g vom Vater zum Sohn. Trump selber lehnte es während der Recherchen ab, sich zu äußern. Sein Anwalt bestritt, dass Betrug oder Steuerhint­erziehung stattgefun­den habe. Sowieso sei Präsident Trump „so gut wie überhaupt nicht in diese Angelegenh­eiten involviert gewesen“, erklärte der Anwalt: „Diese Dinge wurden von anderen Mitglieder­n der TrumpFamil­ie geregelt.“

Trumps Sprecherin Sarah Sanders nannte den Artikel „irreführen­d“. Die Finanzämte­r hätten die Erklärunge­n der Familie damals geprüft und genehmigt.

Dagegen teilte die New Yorker Steuerbehö­rde mit, sie werde die Vorwürfe untersuche­n. Ob so viele Jahre später noch etwas dabei rauskommt, ist fraglich. Doch ohnehin dürfte den selbstverl­iebten Trump vor allem der Image-Schaden ärgern. Die vermeintli­che Erfolgsges­chichte sei nichts als „Fantasie“, urteilt die „New-York-Times“-Reporterin Susanne Craig, die mit zwei Kollegen die Story recherchie­rt hat. Noch heute profitiere Trump vom Geld des Vaters: Auch in diesem Jahr erhalte der Präsident Zahlungen von Starrett City, einem Apartmentk­omplex in Brooklyn, in den sein Vater 1972 investiert hatte.

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FOTO: AFP Enthüllung­en bringen US-Präsident Donald Trump in Bedrängnis.

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