Zeit des Wandels und des Wechsels
Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten, sie fallen mit verneinender Gebärde. Und in den Nächten fällt die schwere Erde, aus allen Sternen in die Einsamkeit.“Das ist es, was Rainer Maria Rilke, die alte Süßholzraspel, zum Herbst zu sagen hatte. Der Schwabe indes pflegt von elendigem Sauwetter zu sprechen, was natürlich nicht ganz so hübsch klingt, doch mindestens so wahr ist wie des Dichters flötende Worte.
Tatsächlich ist der Herbst die Zeit des Wandels und des Wechsels. Zum Beispiel was die Autoreifen angeht. Jeden Herbst – und im Frühling bald schon wieder – bedarf es der lästigen Reise zum Reifenservicecenter oder zumindest zur Kfz-Werkstatt, wo flinke Menschen mit schmutzigen Händen für Profil sorgen, damit der Wagen ohne ins Schleudern zu geraten auch bei geschlossener Schneedecke dahingleite und nicht schlingere.
Dass Rainer Maria Rilke, der von 1875 bis 1926 lebte, ein Auto besaß, ist eher unwahrscheinlich. Denn wer im Stau sitzt oder im Reifenservicecenter auf die Umbereifung wartet, erlebt alles Mögliche – ganz gewiss aber nicht, wie „aus allen Sternen“etwas in die Einsamkeit fällt. Bei so einem Reifenwechsel fällt zwar auch etwas – regelmäßig der Kontostand dessen, der die Dienste der Radwechsler in Anspruch nimmt. Aber insgesamt ist dieser Vorgang ein eher trister. Bedeutet er doch nichts anderes, als sich nunmehr auf die der Sonne abgewandten Jahreszeit vorzubereiten. Denn Rilke hin und Poesie her: Am Ende läuft’s ja doch auf Sauwetter hinaus. (nyf )