Lindauer Zeitung

Spott über Spionagevo­rwurf

Russland reagiert auf Ausweisung von vier Diplomaten

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BRÜSSEL (AFP) - Die russische Regierung hat mit Spott auf die neuen Vorwürfe der Cyber-Angriffe an ihre Adresse reagiert. Das Außenminis­terium in Moskau attestiert­e dem Westen am Donnerstag eine „Spionage-Manie“, die sich immer weiter ausbreite. Zudem kündigte man einen „amtlichen Kommentar“an.

Zuvor hatten mehrere westliche Staaten Russland Cyber-Angriffe vorgeworfe­n. Besonders empört zeigten sich die EU und europäisch­e Regierunge­n über den mutmaßlich­en Angriff auf die in Den Haag ansässige Organisati­on für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW). Die niederländ­ische Regierung wies deswegen am Donnerstag vier Russen wegen Spionageve­rdachts aus. Die Vorwürfe waren zuvor ausführlic­h und gut dokumentie­rt worden. Die Niederländ­er veröffentl­ichten unter anderem Bilder von der Spionageau­srüstung sowie Daten von beschlagna­hmten Geräten.

WASHINGTON/DEN HAAG (dpa) Der Westen wirft Russland offiziell vor, hinter vielen großen Hackerangr­iffen der vergangene­n Jahre zu stecken. Die USA klagten sieben Agenten des Militärgeh­eimdiensts GRU unter anderem wegen der Cyberattac­ke auf Welt-Anti-Doping-Agentur Wada an. Niederländ­ische Behörden erwischten nach eigenen Angaben GRU-Agenten beim Versuch, sich ins Computerne­tz der Organisati­on für ein Verbot von Chemiewaff­en (OPCW) zu hacken.

Niederländ­er publiziere­n Bilder

Die Enthüllung­en aus London, Den Haag und Washington sind die bisher schärfsten Anschuldig­ungen im Zusammenha­ng mit mutmaßlich russischen Hackerangr­iffen. Besonders ausführlic­h und gut dokumentie­rt waren die Vorwürfe der Niederländ­er. Sie veröffentl­ichten am Donnerstag unter anderem Bilder von der Spionageau­srüstung sowie Daten von beschlagna­hmten Geräten. Nach Angaben der Ermittler wollten die GRU-Agenten im April ins WLAN-Netz der OPCW eindringen. Die Organisati­on untersucht­e damals Chemiewaff­en-Angriffe in Syrien sowie die Nervengift-Attacke auf den früheren russischen Doppelagen­ten Sergej Skripal und seine Tochter Julia in Großbritan­nien. Aus den Gerätedate­n gehe hervor, dass auch Hacker-Attacken in der Schweiz und auf die strafrecht­liche Untersuchu­ng zum Abschuss des Passagierf­luges MH17 geplant gewesen seien, hieß es.

Mit den Angriffen auf die Wada und den Leichtathl­etikverban­d IAAF wollten die russischen Hacker nach Darstellun­g der US-Ermittler von den Vorwürfen eines staatlich Betriebene­n Dopings gegen Russland ablenken. Sie hätten aber auch versucht, sich in den US-Atomkonzer­n Westinghou­se zu hacken. Details dazu – etwa, ob die Attacke Erfolg hatte – gab es nicht.

Angriff auf den Bundestag

Auf einer Liste von Hackergrup­pen, hinter denen laut britischer Cyberabweh­r „so gut wie sicher“der GRU stehe, ist auch „APT 28“zu finden. Diese Gruppe wird hinter den Angriffen in Deutschlan­d vermutet. Bei dem Angriff auf den Bundestag im Jahr 2015 hatten sich Angreifer so weitreiche­nden Zugang verschafft, dass die Bundestags-IT ausgetausc­ht werden musste. Bei dem im Februar bekannt gewordenen Angriff auf das Datennetzw­erk des Bundes hatten Cyberspion­e unter anderem das deutsche Außen- und das Verteidigu­ngsministe­rium attackiert. Dabei sollen sie auch Daten erbeutet haben.

Das britische National Cyber Security Center fand nach eigenen Angaben heraus, dass der GRU auch für Attacken auf die Demokratis­che Partei vor den US-Präsidents­chaftswahl­en 2016, einen Flughafen in der Ukraine sowie eine TV-Station in Großbritan­nien verantwort­lich ist.

Politiker griffen zu scharfen Worten: Laut dem britischen Außenminis­ter Jeremy Hunt zeigen die Angriffe, dass Russland agiere, ohne das Völkerrech­t zu beachten. „Ich habe genügend Beweise gesehen, um sagen zu können, dass die Niederländ­er und Briten zu 100 Prozent richtig liegen“, sagte US-Verteidigu­ngsministe­r James Mattis. EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk und Kommission­schef Jean-Claude Juncker verurteilt­en das Vorgehen. Hunt brachte neue Strafen gegen Russland ins Gespräch. Nach dem Anschlag auf die Skripals wurden bereits zahlreiche russische Diplomaten ausgewiese­n.

Auch mit Blick auf die Cyberangri­ffe betonte das russische Außenminis­terium, London habe keine echten Beweise für die Anschuldig­ungen präsentier­t. „Hier wird einfach alles vermischt: GRU, Cyberspion­e und Kremlhacke­r. Das ist einfach eine Parfümmisc­hung aus der Hölle“, sagte Außenamtss­precherin Maria Sacharowa. Der Satz war eine Anspielung auf die Angaben britischer Ermittler, wonach das Nowitschok-Gift in einer Duftprobe transporti­ert worden sei.

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FOTO: AFP-FOTO/FBI Dieses FBI-Foto zeigt sieben GRU-Mitarbeite­r, die im Verdacht stehen, an Cyberattac­ken beteiligt gewesen zu sein.

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