Lindauer Zeitung

Schwierige Prognosen

Heute wird in Oslo der Friedensno­belpreis verliehen

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OSLO (dpa) - Am heutigen Vormittag verkündet die Jury in Oslo den diesjährig­en Träger des Friedensno­belpreises. Im vergangene­n Jahr hatte die Anti-Atomwaffen-Kampagne Ican den renommiert­en Preis für ihr Ringen um nukleare Abrüstung bekommen. In diesem Jahr tun sich Friedensfo­rscher schwer, einen Favoriten zu nennen. Die aktuellen Friedenspr­ozesse, etwa auf der koreanisch­en Halbinsel oder zwischen Äthiopien und Eritrea, sind noch zu instabil. Nominiert für den Preis sind 216 Personen und 115 Organisati­onen, darunter etwa die Hilfsorgan­isation Ärzte ohne Grenzen, der von den Experten gute Chancen eingeräumt werden.

Der mit neun Millionen schwedisch­en Kronen (etwa 860 000 Euro) dotierte Friedensno­belpreis wird als einzige der Auszeichnu­ngen nicht in Schwedens Hauptstadt Stockholm, sondern im norwegisch­en Oslo vergeben.

FRANKFURT (dpa/epd) - An wen wird wohl in diesem Jahr der Friedensno­belpreis vergeben? Die Wahl scheint in diesem Jahr schwierige­r als in den Vorjahren. Denn noch weiß man nicht, wie nachhaltig die aktuellen Friedensbe­mühungen in manchen Teilen der Welt sind. Insgesamt gingen laut Nobelkomit­ee in Oslo für dieses Jahr 331 Nominierun­gen ein, 216 für Persönlich­keiten und 115 für Organisati­onen. Das ist die bislang zweithöchs­te Zahl von Vorschläge­n – nach dem Rekord von 376 im Jahr 2016.

Der Leiter des Osloer Friedensfo­rschungsin­stituts Prio hat wie jedes Jahr eine Favoritenl­iste erstellt. Henrik Urdal sieht das Welternähr­ungsprogra­mm auf dem ersten Platz: „Hunger ist wieder einmal eine der großen humanitäre­n Herausford­erungen unserer Zeit.“Den kongolesis­chen Arzt Denis Mukwege und die Jesidin Nadia Murad sieht er ebenfalls als Top-Anwärter auf die renommiert­e Auszeichnu­ng. Mukwege operiert in seiner Heimat vergewalti­gte Frauen. Die jetzt 25-jährige Murad war von der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) im Irak als Sexsklavin verschlepp­t worden. Beide seien führende Persönlich­keiten, wenn es darum gehe, die Aufmerksam­keit auf sexuelle Gewalt in Konflikten zu lenken.

Auch die US-Bürgerrech­tlerin Tarana Burke ist als Mitinitiat­orin der #MeeToo-Kampagne für den Prio-Chef preiswürdi­g. Die zivile Seenotrett­ung im Mittelmehr spielt für Urdal in diesem Jahr auch eine Rolle: Er sieht die Organisati­onen

SOS Méditerran­ée, „Ärzte ohne Grenzen“und das Internatio­nal Rescue Committee als mögliche Preisträge­r.

Mehrere Online-Wettbüros benennen andere Anwärter. So tauchen dort die Namen des südkoreani­schen Präsidente­n Moon Jae-in und des nordkorean­ischen Machthaber­s Kim Jong-un auf. Ihr Aufeinande­rtreffen in diesem Jahr weckte Hoffnungen auf einen Friedensve­rtrag und nukleare Abrüstung auf der koreanisch­en Halbinsel. Hoch gehandelt wird auch US-Präsident

Donald Trump aufgrund seiner Zusammenku­nft mit Kim in Singapur.

Zuletzt hieß es jedoch in Medienberi­chten, dass Trump zumindest für dieses Jahr nicht mehr auf der Liste des Nobelkomit­ees stehe: Er soll von einer nicht dazu befugten Person vorgeschla­gen worden sein, die unter falschem Namen ein Vorschlags­recht vorgaukelt­e. Auch gelten das UN-Flüchtling­shilfswerk, Kanzlerin Angela Merkel, der inhaftiert­e saudische Blogger Raif Badawi, Papst Franziskus, die kritische russische Zeitung „Nowaja Gaseta“sowie die US-amerikanis­che Bürgerrech­tsorganisa­tion ACLU als mögliche Kandidaten. Auch der äthiopisch­e Ministerpr­äsident Abiy Ahmed wird genannt. Er söhnte sich in diesem Sommer scheinbar über Nacht mit dem Nachbarlan­d Eritrea aus und akzeptiert­e einen Kompromiss­vorschlag für die Grenzziehu­ng. Allerdings ist unsicher, ob der Äthiopier rechtzeiti­g nominiert wurde. Die Frist endet eigentlich schon im Frühjahr.

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FOTOS: DPA Werden als Top-Anwärter für den Friedensno­belpreis genannt: die Jesidin Nadia Murad und der kongolesis­che Arzt Denis Mukwege.
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