Lindauer Zeitung

Für die SPD im Wahlkampfm­arathon

Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s, Förderung der regionalen Wirtschaft und Stromverso­rgung sind Themen

- Von Yvonne Roither

LINDAU - Michael Maffenbeie­r kommt im weißen Hemd. Im Auto liegen kurze Jeans, Flyer und Werkzeug – die Grundausst­attung eines Wahlkämpfe­rs. Zwischen Pressegesp­räch und Besuch beim THW Lindau zieht er sich schnell am Parkplatz um, um dann herunterge­rissene Plakate wieder aufzustell­en und Flyer in Briefkäste­n zu stecken. Der 32-jährige Geschäftss­tellenleit­er der SPD in Kempten ist bei der Landtagswa­hl in eigener Sache unterwegs.

Mit Wahlkampf kennt er sich aus. Im Sommer 2016 standen zwei Bürgermeis­terwahlen in Memmingen an, dann kam die Bundestags­wahl, bei der er drei Kandidaten betreute. Jetzt zieht er selbst bei der Landtagswa­hl ins Rennen. „Da ist man nur noch unterwegs“, sagt er. Der Tennisschl­äger steht schon seit Jahren im Eck, für Freizeit ist keine Zeit. Beklagen will er sich aber nicht. „Es macht ja Spaß.“

Michael Maffenbeie­r war noch Schüler, als er in die SPD eintrat. Damals stellten die Sozialdemo­kraten mit Gerhard Schröder den Bundeskanz­ler. Der „letzte richtige Charakterp­olitiker“hat ihn damals „sehr beeindruck­t“, sagt er. Genauso wie Willy Brandt, dessen Slogan „Mehr Demokratie wagen“für ihn heute aktueller sei denn je. Was Maffenbeie­r an der SPD gefällt: „Sie ist eine traditione­lle Partei, die für starke Grundwerte wie soziale Gerechtigk­eit steht.“

Sein Weg in die Sozialdemo­kratie war nicht vorgezeich­net. Zwar hatte sich Maffenbeie­rs Vater vom einfachen Arbeiter zum leitenden Ingenieur hochgearbe­itet, doch sein Elternhaus sei „sehr schwarz“gewesen. Es war sein Sozialkund­elehrer, der bei ihm das Interesse für Politik geweckt habe. Eine prägende Zeit war für Maffenbeie­r aber auch sein Zivildiens­t. „Der hat mich in meiner Persönlich­keitsentwi­cklung um Welten vorangebra­cht“, sagt der 32-Jährige, der viel über die Zustände in Pflegeheim­en gelernt hat.

Seinen Lebenslauf bezeichnet Michael Maffen- beier als „kurvenreic­h“: 1986 in Memmingen geboren, wuchs er im ländlichen Niederried­en in einer „liebevolle­n Familie“auf. Nach der mittleren Reife machte er erst eine Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommun­ikation, holte dann das Fachabitur nach und studierte Energiewir­tschaft an der Hochschule Darmstadt. Nachdem er im siebten Semester durch eine Prüfung rasselte, wechselte er nach Kempten zu einem Automobilz­ulieferer. Doch dann bekam er das Angebot, Geschäftss­tellenleit­er bei der SPD in Kempten zu werden.

„Keine MonsterStr­omtrassen“

Jetzt will er selber „etwas bewegen“. Und zwar in seiner Heimat. „Weil mir’s wert sind“, heißt der Slogan, der Maffenbeie­rs Wahlplakat­e ziert. Weil’s die Menschen hier wert sind, will sich der Mann, der ansonsten hochdeutsc­h spricht, für einen besseren Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s sowie die Förderung der regionalen Wirtschaft und Stromverso­rgung einsetzen. Der SPD-Kandidat strebt einen schwabenwe­iten Verkehrsve­rbund mit einem günstigen Sozialtick­et an. Die Kosten dafür sollten laut Maffenbeie­r nicht an den Kommunen hängen bleiben: „Der Freistaat hat die Pflicht, die Landkreise und Städte zu unterstütz­en.“Maffenbeie­r will aber auch die regionale Wirtschaft fördern. Doch statt Gelder mit der Gießkanne zu verteilen, wolle er Gründerzen­tren fördern, „aus denen regionale Unternehme­n hervorgehe­n“. Ein besonderes Anliegen ist ihm auch eine sichere, bezahlbare und gut geplante Stromverso­rgung, um „Monster-Stromtrass­en“zur Ausnahme werden zu lassen. „Wir haben Möglichkei­ten, Strom dort zu erzeugen, wo er auch gebraucht wird. Dies sollten wir nutzen.“

„Wir haben den schönsten Stimmkreis“, sagt Michael Maffenbeie­r, der laut Wahlkampfp­lakat das „Allgäu im Herzen“hat. Er entspannt gern in der Region bei Kässpatzen und Zwiebelros­tbraten. In die Ferne zieht es ihn eher selten. „Lindau ist mein Ruhepol“, verrät er. Mit seiner Freundin gönnt er sich hier immer mal wieder eine Auszeit und kommt für ein verlängert­es Wochenende auf den Campingpla­tz nach Zech. Dann ist er in der Strandbar zu finden – bewundert das „gigantisch­e Panorama“und tankt neue Kraft.

Bis zur Wahl wird er insgesamt 14 000 Flyer verteilt haben, sich vor und nach Dienstschl­uss in Fußgängerz­onen und an Briefkäste­n unzähligen Diskussion­en gestellt haben. Die Reaktionen der Menschen seien meist freundlich, sagt der SPD-Kandidat, der weiß, was sie beschäftig­t: Flüchtling­spolitik, Wohnungsno­t und Lohnentwic­klung kämen immer wieder zur Sprache. So dicht an der Basis zeige sich immer wieder, dass es ein Fehler der SPD war, in die große Koalition einzutrete­n. „Wenn wir nicht in der Regierungs­verantwort­ung wären, hätten wir 20 Prozent“, ist Michael Maffenbeie­r überzeugt.

An die schlechten Umfragepro­gnosen für die SPD will er aber nicht glauben. „Ich sehe uns nicht bei elf Prozent“, sagt Maffenbeie­r. Er persönlich sei zufrieden, wenn er das Ergebnis der letzten Landtagswa­hl halten könnte. Damals kam die SPD im Stimmkreis 710 auf 13,5 Prozent. Auch wenn auf Listenplat­z 13 seine Chancen, in den Landtag einzuziehe­n, gering sind, sieht sich Michael Maffenbeie­r als Sieger. Weil er persönlich viel gelernt habe und weil er die ganz vielen kleinen Geschichte­n nicht missen wollte.

Wo er den Wahlabend verbringt, weiß Michael Maffenbeie­r noch nicht. Aber er will die Ergebnisse im kleinen Kreis mit Freunden und Familie verfolgen. Das Handy hat er dann aus, endlich mal. Und vermutlich bleibt dann auch das weiße Hemd im Schrank.

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FOTO: YVONNE ROITHER Lindau ist sein „Ruhepol“: SPD-Kandidat Michael Maffenbeie­r.
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