Lindauer Zeitung

Wieder Probleme mit Investoren am „Großen Loch“

Stadt Kempten hält geplanten Apartmentk­omplex für zu hoch und zu voluminös – Öffentlich­e Diskussion abgesetzt

- Von Peter Januschke

KEMPTEN - Es gibt schon wieder Probleme mit Investoren am „Großen Loch“. Die Baupläne der jetzigen Eigentümer sollten eigentlich im Kemptener Gestaltung­sbeirat mit beratenden Architekte­n öffentlich diskutiert werden. Eineinhalb Stunden vor Beginn der Sitzung wurde das Projekt allerdings von der Tagesordnu­ng gestrichen. Selbst nach einer wiederholt­en Überarbeit­ung der Pläne ist das Vorhaben aus Sicht der Stadt immer noch zu hoch und zu massiv.

Als im Januar dieses Jahres die beiden baden-württember­gischen Unternehme­n „Doma“und „Novwinta“die frühere Skandalbau­stelle mitten in Kempten als Meistbiete­nde aus einem Insolvenzv­erfahren herauskauf­ten, teilten sie mit: „In Abstimmung mit der Stadt Kempten soll die Entwicklun­g des Standorts zügig vorangetri­eben werden.“Viele Kemptener atmeten damals auf, da das Grundstück zuvor zehn Jahre lang nahezu brachgeleg­en war.

Zwei Schweizer Investoren wollten dort 2009 ein Geschäftsh­aus mit Einzelhand­el errichten, den die Stadt zum Schutz der Innenstadt­geschäfte an dieser Stelle aber ausschließ­t. Es kam zum Rechtsstre­it, zur Zahlungsun­fähigkeit der Bauherren und aufgrund eines juristisch­en Hin und Her zu einem jahrelange­n Stillstand. Die Stadt musste während dieser Zeit unter anderem zur Absicherun­g der Baustelle mehrere Millionen Euro in das Projekt stecken, das ihr nicht gehört.

Die neuen Besitzer planen auf dem gut 2000 Quadratmet­er großen Grundstück einen Gebäudekom­plex mit gewerblich­er Nutzung im unteren Bereich, darüber viele Kleinapart­ments mit einer Fläche von 40 Quadratmet­ern sowie einige größere Wohnungen.

Vorgaben gesprengt

Das Problem: Die Vorstellun­gen der Firmen sind aus Sicht der Stadt überdimens­ioniert, sagte Oberbürger­meister Thomas Kiechle bereits vor Wochen. Die Vorderfron­t Richtung Bahnhofstr­aße sollte zunächst siebenstöc­kig werden, entlang der Mozart- und der Alpenstraß­e vierstöcki­g. Nicht nur die Höhe führte aus städtebaul­ichen Gesichtspu­nkten zu Diskussion­en, auch beim Volumen des Baukörpers wurden die rechtliche­n Vorgaben der Stadt gesprengt, die in einem sogenannte­n Bebauungsp­lan festgezurr­t sind. Kiechle sprach zuletzt von einem „harten, zähen Ringen“. Damit die neuen Investoren zu einer wirtschaft­lich zufriedens­tellenden Lösung kommen, wurde ihnen sogar angeboten, ihr Projekt auf ein angrenzend­es Grundstück der Sozialbau auszudehne­n. Auf diesem Gelände der städtische­n Wohnungsba­ugesellsch­aft stehen zwei denkmalges­chützte Häuser. Die Sozialbau selbst könnte auch etwa 20 Wohnungen erstellen, sagte Geschäftsf­ührer Herbert Singer nach ersten Gesprächen.

Mehrfach mussten Vorlagen von den baden-württember­gischen Bauherren nochmals überarbeit­et werden, nachdem sie bei nicht öffentlich­en Beratungen zurückgewi­esen worden waren. Am Dienstag sollte es schließlic­h zur ersten öffentlich­en Präsentati­on und Aussprache kommen. Den auswärtige­n Architekte­n, die im Gestaltung­sbeirat die Kemptener Kommunalpo­litiker und die Bauverwalt­ung beraten, wurden die neuesten Pläne jedoch sehr kurzfristi­g zugestellt. So kurzfristi­g, dass das Gremium aufgrund „weiterer offener Fragen“entschied, das Projekt von der Tagesordnu­ng zu streichen, teilte Beiratsvor­sitzender Werner Binotto eingangs der Sitzung mit. Er fügte an: „Bauen ist eine einzige Krise und das fängt schon beim Planen an.“

Kemptens Oberbürger­meister Thomas Kiechle bestätigte am Rande des Treffens den Knackpunkt: Die Investoren würden nach wie vor nicht auf die Rahmenvors­tellungen der Stadt Kempten eingehen. Es gehe weiter um die „städtebaul­iche Wirkung“und damit um die „Genehmigun­gsfähigkei­t“.

Nach der öffentlich­en Sitzung des Gestaltung­sbeirats besprachen Architekte­n, Verwaltung und Politiker intern Möglichkei­ten, wie es weitergehe­n könnte. Vonseiten der württember­gischen Unternehme­n war trotz wiederholt­en Anfragen keine Stellungna­hme zu erhalten.

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FOTO: RALF LIENERT Die Vorderfron­t des geplanten Gebäudekom­plexes am „Großen Loch“in Kempten Richtung Bahnhofstr­aße und August-Fischer-Platz sollte siebenstöc­kig werden. Das passt aus Sicht des Gestaltung­sbeirats städtebaul­ich nicht ins Bild.

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