Lindauer Zeitung

„Fast-Kollision“am Häfler Flughafen

Vorfall aus dem Jahr 2016 wird erst jetzt bekannt

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FRIEDRICHS­HAFEN (hag) - Ein Flugzeug mit 33 Passagiere­n ist im Anflug auf Friedrichs­hafen um ein Haar mit einem Sportflugz­eug zusammenge­prallt. Seit Freitag liegt ein Untersuchu­ngsbericht des Vorfalls aus dem Jahr 2016 vor und wirft Fragen rund um die Messe Aero auf.

Am 21. April 2016 befand sich ein Passagierf­lugzeug der von Berlin nach Friedrichs­hafen fliegenden Airline „VLM“im Anflug auf Friedrichs­hafen. Erst im letzten Moment bemerkte offenbar ein Fluglotse ein in der gleichen Höhe fliegendes privates Flugzeug vom Typ „Piper“, welches auf Kollisions­kurs mit der Linienmasc­hine lag. Dieses Beinahe-Unglück wurde erst jetzt bekannt, nachdem die Schweizer Flugunfall­untersuchu­ngsstelle SUST, zuständig für einen Teil des Luftraums am Bodensee, einen Bericht dazu veröffentl­icht hat.

Auch das für solche Fälle vorhandene Kollisions­warnsystem (TCAS) der Passagierm­aschine warnte die Piloten vor der gefährlich­en Annäherung. Trotz sofortiger Ausweichma­növer kamen sich die Flugzeuge letztlich bis auf rund 900 Meter Entfernung und knapp 30 Meter Höhenunter­schied nah. In dem Bericht sprechen die Flugunfall­untersuche­r von einer „Fast-Kollision“und einem „schweren Vorfall“. Wegen der hohen Geschwindi­gkeit von Flugzeugen gelten Annäherung­en in entspreche­nden Entfernung­en in aller Regel als sehr kritisch.

Mehr als zwei Jahre nach dem Vorfall haben die Schweizer Flugunfall­experten jetzt die Untersuchu­ngen abgeschlos­sen und die Ursache der Beinahe-Katastroph­e herausgefu­nden. So wurden die Piloten der Privatmasc­hine und des Passagierf­lugzeugs offenbar von unterschie­dlichen Fluglotsen geleitet, die wiederum keine Rücksprach­e untereinan­der halten konnten.

Das ist im Fall von Friedrichs­hafen meistens kein Problem, da sich die Anflugrout­en von kleineren und größeren Flugzeugen wegen unterschie­dlicher Anflugrege­ln praktisch nicht schneiden. Der 21. April 2016 stellte aber offensicht­lich eine Ausnahme dar.Am Tag der Beinahe-Kollision fand nämlich die Luftfahrme­sse Aero in Friedrichs­hafen statt. Jährlich wird sie von tausenden Menschen besucht, zeitgleich landen hunderte Flugzeugen innerhalb weniger Tage. Um dem ungewöhnli­ch starken Flugverkeh­r Herr zu werden, wurden in Friedrichs­hafen laut Untersuchu­ngsbericht während der Messetage veränderte Anflugrout­en erlaubt.„Dies hat zur Folge, dass der VFR-Verkehr beim Anflug aus südöstlich­er Richtung die Pistenachs­e kreuzen muss", schreiben die Schweizer Unfallexpe­rten dazu.

Die Wege von Passagier- und Kleinflugz­eugen konnten sich also während der Messetage nahe der Landebahn treffen. „Die SUST erkennt daher in den betrieblic­hen Vorgaben sowie in der speziell für die Luftfahrtm­esse publiziert­en Sichtanflu­gkarte systemisch­e Risiken“, heißt es weiter.

In einer Sicherheit­sempfehlun­g fordern die Schweizer nun, dass das Betriebsko­nzept des Bodensee Airports in Friedrichs­hafen für künftige Luftfahrtm­essen überprüft werden müsse. Die Maschine mit den 33 Passagiere­n an Bord sowie das Privatflug­zeug konnten nach der BeinaheKat­astrophe übrigens sicher in Friedrichs­hafen landen.

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