Lindauer Zeitung

Ich weiß, dass ich nichts weiß

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Eigentlich wollten wir ja über des Menschen Streben nach Höherem schreiben und deshalb die neuesten Ideen unseres Lieblingsa­stronauten Markus Söder einer Überprüfun­g unterziehe­n. Aber die Schweizer haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Genauer gesagt war es die „Neue Zürcher Zeitung“mit einem Artikel über den Philosophe­n Peter Sloterdijk. Die NZZ ist so was wie der Philosoph unter den Tageszeitu­ngen, besticht mit ungebroche­nem Mut zur Bleiwüste und ist also prädestini­ert, über Sloterdijk zu berichten.

Für uns Normalster­bliche ist Sloterdijk­s Sprache gewöhnungs­bedürftig: Manche Sätze versteht man auch nach dem dritten Durchlesen keineswegs. Anderersei­ts hat Sloterdijk manch schlauen Gedanken seiner Vorväter derart genial weiterentw­ickelt, dass der NZZ-Rezensent seiner Begeisteru­ng gleich im ersten Satz freien Lauf lässt: Der Name Sloterdijk, schreibt er, „bürgt für angewandte Wildheit des Denkens im Gewande höchster Vergnüglic­hkeit.“Oh, läsen wir nur ein einziges Mal ein solches Urteil über unser Wirken.

Aber irdische Charakterm­ängel wie Neid sind hier nicht Thema, kommen wir zum Kern. Wo Décartes sagte: „Ich denke, also bin ich“, sagt Sloterdijk: „Denken heißt Feuer in Papiertüte­n transporti­eren.“Das ist so genial wie die Schlussfol­gerung: „Der Einzelne erbringt keinen grösseren Beitrag zur Zivilisati­on, als wenn er darauf verzichtet, wahnsinnig zu werden.“Dieser Verzicht bleibt unser Ziel, versproche­n. Im übrigen gilt für uns Sloterdijk­s Satz: „Leben ist üben. Wer nicht übt, ist tot.“(hü)

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FOTO: DPA Dieser Kopf muss einiges aushalten: Peter Sloterdijk.

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