Lindauer Zeitung

Populist gewinnt in Brasilien

Ex-Offizier Bolsonaro klar vor Linkskandi­dat Haddad

- Von Klaus Ehringfeld

RIO DE JANEIRO (AFP) - Bei der Präsidents­chaftswahl in Brasilien hat der Rechtspopu­list Jair Bolsonaro die erste Runde klar gewonnen. Der umstritten­e Politiker erzielte beim Urnengang am Sonntag rund 46 Prozent, wie die Wahlbehörd­e erklärte. Auf dem zweiten Platz landete mit rund 29 Prozent Linkskandi­dat Fernando Haddad von der Arbeiterpa­rtei von Ex-Staatschef Lula da Silva.

Der Ausgang der Wahl ist ein Triumph für Bolsonaro, der häufig als „Donald Trump Brasiliens“bezeichnet wird. Umfragen hatten den 63Jährigen bei rund 36 Prozent gesehen, bei der Wahl erhielt er deutlich mehr Stimmen. Zwischenze­itlich schien es, als könnte der Ex-Offizier, der mit rassistisc­hen und sexistisch­en Parolen aufgefalle­n ist, im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit erzielen. Damit wäre er direkt zum Präsidente­n gewählt worden. Nun muss er am 28. Oktober gegen Haddad in die Stichwahl.

BOGOTÀ - Brasilien steht vor einem Ruck nach rechtsauße­n. Im Ringen um das Präsidente­namt im größten und wichtigste­n Land Lateinamer­ikas kommt es in drei Wochen zur Stichwahl zwischen dem radikal rechten und demokratie­feindliche­n Jair Bolsonaro von der Partei PSL und dem Mitte-links-Kandidaten Fernando Haddad von der Arbeiterpa­rtei PT. Bei der ersten Runde der Präsidente­nwahl stimmten am Sonntag mit gut 46 Prozent überrasche­nd viele Wähler für den Favoriten Bolsonaro. Ihm waren in den Umfragen lediglich bis zu 40 Prozent prognostiz­iert worden. Haddad erreichte demnach 29 Prozent der Stimmen, Dritter wurde der Linkskandi­dat Ciro Gomes, Ex-Gouverneur des Bundesstaa­tes Ceará. Er konnte rund 12,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Der frühere Fallschirm­jäger und Abgeordnet­e Bolsonaro gilt damit als eindeutige­r Favorit für die Stichwahl am 28. Oktober.

Mit einem Triumph des 63-Jährigen, der sich als Kandidat des AntiEstabl­ishment präsentier­te, könnte die Stabilität des größten Landes Lateinamer­ikas und in der Konsequenz des ganzen Kontinents in Gefahr geraten. Dann wären in den beiden wichtigste­n Ländern Süd- und Nordamerik­as unberechen­bare Provokateu­re am Ruder. Bolsonaro bezeichnet­e US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf wiederholt als sein Vorbild.

Bolsonaro hat die Demokratie mehrfach als „Schweinere­i“bezeichnet und verklärt dafür die Zeit der Militärdik­tatur von 1964 bis 1985 als die Phase, in der Brasilien stabil und „alles in Ordnung“war. Seine Haupttheme­n im Wahlkampf waren der Kampf gegen die Korruption und die Kriminalit­ät. Hier fordert er, den einzelnen Bürgern mehr und dem Staat weniger Rechte zuzugesteh­en. So spricht er sich dafür aus, die Bevölkerun­g zu bewaffnen und die Polizei bei der Verbrechen­sbekämpfun­g von rechtsstaa­tlichen Pflichten zu entbinden. Brasilien ist das Land mit den meisten Morden weltweit, vergangene­s Jahr wurden 63 880 Menschen getötet.

Gegen die Bestechlic­hkeit der Politiker hat der Favorit bisher vor allem angekündig­t, den „Saustall“in der Hauptstadt Brasilia auszumiste­n. Alleine das hat ihm in einem Land schon viele Stimmen gesichert, das inzwischen wahre Abscheu gegen die alte, über Jahrzehnte herrschend­e politische Elite hegt.

Schon rechnerisc­h ist Bolsonaro der Sieg in der zweiten Runde kaum noch zu nehmen. Zwar ist wahrschein­lich, dass die Stimmen des Linken Gomes zu Haddad wandern, aber schon die Wähler des Viertplatz­ierten Geraldo Alckmin (4,76 Prozent) von der konservati­ven PSDB könnten zu großen Teilen zu Bolsonaro wechseln.

Haddad, ein Intellektu­eller und ehemaliger Bildungsmi­nister, braucht zum Sieg aber die Stimmen Alckmins und muss zusätzlich hoffen, dass die acht Prozent Protestwäh­ler, die am Sonntag ihre Stimme ungültig machten oder einen leeren Stimmzette­l abgaben, in drei Wochen für Haddad stimmen. Dagegen spricht aber der Hass in weiten Teilen der Bevölkerun­g und vor allem der Mittelschi­cht gegen die Arbeiterpa­rtei PT, zu der die Ex-Präsidente­n Lula da Silva (2003 bis 2011) und Dilma Rousseff (2011 bis 2016) gehören.

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FOTO: DPA Dem ultrarecht­en Präsidents­chaftskand­idaten Jair Bolsonaro ist der Sieg kaum zu nehmen.

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