Lindauer Zeitung

Die Bayern-FDP erfindet sich neu

Nach fünf Jahren Abstinenz könnten die Liberalen den Wiedereinz­ug in den Landtag schaffen

- Von Marco Hadem

MÜNCHEN (dpa) - Nein, ein bayerische­r Christian Lindner will Martin Hagen nicht sein. Wer jedoch den Politiksti­l des FDP-Spitzenkan­didaten für die Landtagswa­hl im Freistaat betrachtet, der kann durchaus Parallelen zwischen den beiden Männern entdecken, die in dieser Woche in München beim FDP-Wahlkampfa­bschluss auf der Bühne stehen.

„Ja, wir sind eine Generation und damit zusammenhä­ngend verfolgen wir einen ähnlich innovative­n Ansatz, Politik zu machen“, beschreibt Hagen die Gemeinsamk­eiten mit dem FDP-Bundesvors­itzenden. Das sei es aber dann auch schon, findet der 37-Jährige. Immerhin habe er zwei Kinder, sei in Italien geboren und ein Späteinste­iger in den Parlamenta­rismus, biografisc­h gebe es also nicht viel Gemeinsame­s. Außer? Ja, vielleicht außer noch der Fähigkeit, ein Anführer sein zu können.

Tatsächlic­h könnte auf den FDPHoffnun­gsträger schon in wenigen Tagen ein neues Leben warten. Den Umfragen zufolge dürfen sich Hagen und seine Liberalen am kommenden Sonntag Hoffnungen auf den Wiedereinz­ug in den Landtag machen, nach fünf Jahren Abstinenz, nach dem unrühmlich­en Ende einer Koalitions­regierung mit der großen CSU, die in diesen Tagen in Erwartung einer historisch­en Wahl-Watschn gar nicht mehr so groß wirkt.

Und genau da kommt Hagen wieder ins Spiel. Wie Lindner bei der Bundestags­wahl, muss Hagen die Partei aus der außerparla­mentarisch­en Opposition zurück ins Parlament führen. Und wie im Bund scheinen die Chancen nicht schlecht zu stehen, sollten sich die Demoskopen nicht massiv verkalkuli­ert haben.

Dreierkoal­ition für den Machterhal­t

Dann könnte eine bürgerlich­e Dreierkoal­ition mit FDP und Freien Wählern am Ende die einfachste Lösung für den Machterhal­t der CSU um Ministerpr­äsident Markus Söder sein. Denn Koalitione­n mit SPD oder Grünen scheinen vielen Christsozi­alen mangels inhaltlich­er Schnittmen­gen derzeit das größere Übel.

Während sich die außerhalb Bayerns politisch bedeutungs­losen Freien Wähler längst gegen alle anderen Koalitione­n ausgesproc­hen haben, hält Hagen sich ganz bewusst alle Optionen offen. Und dies vermutlich nicht nur aus liberaler Überzeugun­g, sondern auch, um den Preis bei möglicherw­eise notwendige­n Sondierung­en möglichst hoch zu halten.

Denn Hagen weiß auch, dass allein schon der Einzug der FDP in den Landtag massiven Einfluss auf die Mehrheitsv­erhältniss­e hätte. Da die AfD sicher den Sprung ins Maximilian­eum schaffen dürfte, wären dann künftig sechs statt bisher vier Parteien im Parlament vertreten.

Hagen betont, eine Koalition mit der FDP gebe es nicht um jeden Preis. Er erinnert dabei direkt an jene Nacht im November 2017, in der Lindner in Berlin die Jamaika-Sondierung­en beendete. Das Etikett der Unberechen­barkeit, das der FDP seither anhaftet, empfindet Hagen nicht als Nachteil, auch für den Fall, dass es tatsächlic­h zu einer Regierungs­beteiligun­g kommen sollte.

Söder und die CSU haben die FDP wegen ihres Ausstiegs aus den Berliner Jamaika-Sondierung­en immer wieder als unzuverläs­sig dargestell­t. Hagen lässt das nicht gelten: „Das Gerede ist ein Ausdruck von Verzweiflu­ng“, betont er. Im Bund sei auch nicht die FDP für die Instabilit­ät verantwort­lich, sondern die CSU, allen voran Parteichef Horst Seehofer. Es wäre kaum zu erwarten, dass CSU und CDU heute weniger Probleme hätten, wenn anstelle der SPD die FDP und die Grünen am Kabinettst­isch säßen.

Hagen hat für die Landtagswa­hl und die Zeit danach klare Erwartunge­n. „Mindestens acht Prozent sind für uns machbar“, sagt er. Und für den Fall einer Regierungs­beteiligun­g? Ohne sich festlegen zu wollen, könne er dem Zuschnitt der FDP-Ministerie­n in Nordrhein-Westfalen viel abgewinnen: Wirtschaft und Innovation, Bildung sowie ein Ministeriu­m für Flüchtling­e und Familie.

Anders als bei der CSU-FDP-Koalition von 2008 bis 2013 müsse es den Liberalen gelingen, einen Glaubwürdi­gkeitsverl­ust zu verhindern und ein Profil zu bilden. Dass dann mit den Freien Wählern vielleicht ein bürgerlich-liberaler Konkurrent im Kabinett säße, stört Hagen nicht. „Das ist nur eine Regionalpa­rtei, die im Bund keine Rolle spielt.“

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FOTO: DPA Martin Hagen, Spitzenkan­didat der FDP.

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