Lindauer Zeitung

Mal klassisch, mal grell

Auftakt zur neuen Theaterspi­elzeit in Konstanz mit „Warten auf Godot“und „Hundeherz“

- Von Veronika Fischer

KONSTANZ - In der vergangene­n Spielzeit sorgte das Stadttheat­er für Schlagzeil­en. Zuerst die Nichtverlä­ngerung des Vertrags von Intendant Christoph Nix, dann die Absage der Baden-Württember­gischen Theatertag­e und schließlic­h das Medienspek­takel um das Stück „Mein Kampf“, das es mittels Hakenkreuz sogar bis in die „New York Times“brachte.

. „Vom Glück des Stolperns“ist das Motto 2018/19. Als Auftakt steht „Warten auf Godot“auf dem Programm: Zwei Männer warten auf einen Herrn namens Godot, und der kommt nicht. Estragon (Peter Posniak) und Wladimir (Andreas Haase) entfachen dabei ein facettenre­iches Dialogdram­a. Mal verzweifel­t wie am Ende einer langen Ehe, mal plump wie Dick und Doof, dann wieder mutig wie zwei junge Liebende und im nächsten Moment nahe am Suizid.

Regisseur Nix bringt in diese Welt aus Schwarz und Weiß all sein Können aus der Clownerie ein. Posniak und Haase erinnern an Charlie Chaplin, Karl Valentin und Zirkusclow­ns. Doch all dies vertreibt nicht die Schwere, die auf den beiden Protagonis­ten lastet, und die Ausweglosi­gkeit, in der sie sich befinden. Sie warten. „Auf wen?“, fragt Estragon immer wieder. „Auf Godot“, sagt Wladimir. „Ach ja!“Und worauf warten Sie? Am Ende bleibt unklar, wer Godot ist, aber die Hoffnung, die mit ihm verbunden ist, sie will nicht sterben. Man ist als Zuschauer also unweigerli­ch mit der Frage konfrontie­rt, was der Sinn des Daseins sein mag. Worauf hofft man von Tag zu Tag? Nix gelingt mit dieser Inszenieru­ng eine melancholi­sche Interpreta­tion des absurden Klassikers.

Mit Skurrilitä­t gegen das System

Grell, laut und skurril hingegen zeigt sich Regisseur Andrej Woron mit Michail Bulgakows „Hundeherz“in der Konstanzer Spiegelhal­le. Rumms, geht die Tür auf, es beginnt die Geschichte vom Straßenköt­er Lumpi, der Teil eines sowjetisch­en Experiment­s wird. Ein angesehene­r Professor verpflanzt menschlich­e Organe in den Hundekörpe­r, woraufhin dieser zum Proletarie­r mutiert.

Gefundenes Fressen für Regisseur Andrej Woron, der in Konstanz zuletzt „Der Meister und Margarita“,0 ebenfalls von Bulgakow, auf die Bühne gebracht hat.

Drei neue Mitglieder des Ensembles legen in „Hundeherz“einen fulminante­n Start hin. Renate Winkler spielt das Hausmädche­n und ist mit ihrer Frida-Kahlo-artigen Aura fast schon zu schön dafür. Harald Schröpfer, der bourgeoise Professor, hat seine Rolle bis ins Detail verinnerli­cht, ist mal sanftmütig, mal cholerisch. Und dann ist da noch Nikolai Gemel als Lumpi. Er hat die Körperspra­che des Hundes studiert und hält die damit verbundene Anspannung während des gesamten Stückes aufrecht. Vermenschl­icht gibt er absolut überzeugen­d den alkoholaff­inen Kneipenmus­iker.

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FOTO: ILJA MESS Estragon (Peter Posniak) und Wladimir (Andreas Haase) warten auf Godot.

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