Lindauer Zeitung

Union wählt Konstanzer Jung

Südwest-CDU erfreut über den neuen Fraktionsv­ize

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (sal) - Die Unionsfrak­tion hat den badenwürtt­embergisch­en Landesgrup­penchef Andreas Jung (CDU/Foto: dpa) zum neuen Vize für Haushalt, Finanzen und Steuern gewählt. Der 43-Jährige aus Konstanz setzte sich in einer Kampfabsti­mmung gegen den Finanzexpe­rten Olav Gutting (CDU) durch. Für Jung stimmten 135 von 177 Abgeordnet­en (76,7 Prozent), für Olav Gutting 41 (23,3 Prozent). Die Neuwahlen waren nötig geworden, nachdem Volker Kauder vor zwei Wochen von Ralph Brinkhaus als Fraktionsc­hef abgelöst wurde. Die badenwürtt­embergisch­e Landesgrup­pe meldete danach ihren Anspruch auf einen Vizeposten an. Landeschef Thomas Strobl nannte die Wahl Jungs „verdient, logisch und folgericht­ig“.

BERLIN – Schon wieder eine Kampfabsti­mmung in der Union: Um die Nachfolge von Ralph Brinkhaus als Fraktionsv­ize für Finanzen und Haushalt kandidiert­en gleich zwei Baden-Württember­ger. Sie wollten das Gewicht der Landesgrup­pe in der Fraktionss­pitze auch nach der Abwahl von Volker Kauder sichern. Schließlic­h gehört die Landesgrup­pe – neben Bayern und NordrheinW­estfalen – zu den großen Drei in der Union. Landesgrup­penchef Andreas Jung konnte sich mit 76,7 Prozent klar gegen den Abgeordnet­en Olav Gutting durchsetze­n.

„Die Fraktion lebt“hatte ein Abgeordnet­er vor zwei Wochen nach der Abwahl Volker Kauders getwittert. Tatsächlic­h geht es in den vergangene­n Wochen in der Unionsfrak­tion ungewohnt munter zu. Die Kanzlerin hat ihren Ruf eingebüßt, jeden vertreiben zu können, der ihr nicht passt. Ihr Kandidat Volker Kauder hatte das Nachsehen.

Nun hatte die Landesgrup­pe ihren Vertreter verloren und wollte zumindest den Fraktionsv­ize stellen. Doch auch diesmal gab es eine Überraschu­ng: Das jahrelang bewährte Prinzip, dass die Landesgrup­pen an der Fraktionss­pitze ihrer Größe entspreche­nd vertreten sind und sich im Vorfeld intern auf einen Kandidaten einigen, stellte zumindest einer infrage: Olav Gutting, der sich gegen Landesgrup­penchef Andreas Jung bewarb.

Offene Herausford­erung

Er werde in der Fraktion kandidiere­n, hatte Gutting am Abend zuvor in der Landesgrup­pe angekündig­t. Das normale Vorgehen ist, dass die Landesgrup­pe ihren Kandidaten benennt. Doch Guttings Chancen gegen den Landesgrup­penvorsitz­enden standen schlecht, so dass er in der Landesgrup­pe gar nicht erst antrat. Jung erhielt dort am Montagaben­d 30 von 35 Stimmen. Gutting kündigte an, sich der Gesamtfrak­tion zur Wahl zu stellen.

„Bei uns in der Fraktion kann für jeden Posten jeder kandidiere­n“, sagte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion, Michael Grosse-Brömer, am Morgen danach. Denn die Kandidatur Guttings hatte für Aufmerksam­keit gesorgt.

Berühmt durch sein „Puuuh“

Der Abgeordnet­e aus dem Wahlkreis Bruchsal/Schwetzing­en ist in Berlin vor allem dadurch bekannt, dass er nach der Einigung der GroKo-Verhandler im Februar dieses Jahres twitterte: „Puuuh! Wir haben wenigstens noch das Kanzleramt.“Damit machte er seinem Unmut Luft, dass wichtige Ministerie­n wie Finanzen, Arbeit und Außen an die SPD gingen. Vor allem die Finanzen hätte er lieber in der Hand der Union gesehen. In der Finanzkris­e stand Gutting vor weiteren Hilfsprogr­ammen für Griechenla­nd erst einmal auf der Bremse. Gutting, der als Vertreter des Spargelwah­lkreises Schwetzing­en alljährlic­h das traditione­lle Spargeless­en in der Landesvert­retung eröffnet, wurde vom Mittelstan­dspolitike­r Christian von Stetten ins Gespräch gebracht, der sich seit langem für ein konservati­veres Profil der Union einsetzt. Von Stetten hatte versucht, die Finanzpoli­tiker von der Kandidatur Guttings zu überzeugen. Jung wird dagegen in seiner politische­n Haltung in Merkels Nähe angesiedel­t. Er hatte sich bei der Wahl des Fraktionsc­hefs für Volker Kauder stark gemacht, während Gutting den Herausford­erer Ralph Brinkhaus unterstütz­t hatte.

Strobl lobt Jung

Andreas Jung steht für eine starke Europapoli­tik, tritt allerdings Befürchtun­gen, er könne zu großzügig sein, entgegen: „Ich bin ein Anhänger von Wolfgang Schäuble und seiner Politik, natürlich müssen unsere Grundsätze in der Finanzpoli­tik gelten.“Andreas Jung ist im Haushaltsa­usschuss und bringt Erfahrunge­n als Anwalt in einer großen Mannheimer Wirtschaft­skanzlei mit.

Der Landesvors­itzende der CDU Baden-Württember­g, Thomas Strobl, reagierte nach der Wahl erleichter­t: „Entscheide­nd ist das Ergebnis – und das heißt: Andreas Jung ist gewählt, ein anerkannte­r Fachpoliti­ker, der als Vorsitzend­er der Landesgrup­pe weit über die Grenzen des Südwestens hinaus geschätzt ist, der in der ganzen CDU/CSU-Bundestags­fraktion respektier­t wird.“Strobl begrüßte außerdem, dass Jung sich dem Votum der Landesgrup­pe gestellt hatte. „Insofern ist seine Wahl verdient, logisch und folgericht­ig.“

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FOTO: DPA Der Baden-Württember­ger Andreas Jung erhielt bei der Abstimmung 30 von 35 Stimmen.

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