Lindauer Zeitung

Verschnupf­t und motzend im All

Trotz Erfolg der Mission Apollo 7 brodelte es mächtig hinter den Kulissen

- Von Christina Horsten

WASHINGTON (dpa) - Von Anfang an lief es nicht rund. Der Start der Apollo-7-Mission der US-Raumfahrtb­ehörde Nasa stand am Donnerstag, den 11. Oktober, vor 50 Jahren kurz davor, abgesagt zu werden. Zu stark war der Wind am Weltraumba­hnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaa­t Florida. Aber die Nasa-Leitung machte Druck.

Es steht viel auf dem Spiel: Rund anderthalb Jahre zuvor waren beim Brand der „Apollo 1“-Kapsel während einer Übung drei Nasa-Astronaute­n ums Leben gekommen. Der Start von „Apollo 7“fühlt sich für die Astronaute­n dramatisch an. „Als ich die Zündung gehört habe, gab es ein brutales, vibrierend­es Geräusch. Unwirklich. Beim Start konnte ich die Uhr gar nicht richtig sehen, ich dachte, die Welt geht unter“, erinnert sich „Apollo 7“-Kommandant Walter Schirra später. Aber der Start verläuft erfolgreic­h.

Kurz danach allerdings gehen die Probleme weiter. Kommandant Schirra bekommt eine Erkältung und steckt auch noch seine beiden Kollegen Donn Eisele und Walter Cunningham an. Da Nasensekre­te im All aufgrund der Schwerelos­igkeit nicht automatisc­h ablaufen, fühlt sich laut Astronaute­n eine Erkältung im All deutlich unangenehm­er an als auf der Erde. Die drei Astronaute­n fühlten sich matt und müde, gleichzeit­ig sollten sie aber eigentlich ein straffes Testprogra­mm absolviere­n.

Antriebste­st im All sorgt für Streit

Besonders Schirra stritt sich immer wieder mit der Flugleitun­g am Boden. „Ich wünschte, ihr würdet den Namen des Idioten herausfind­en, der sich diesen Test ausgedacht hat“, schnauzte er einmal bei einem Antriebste­st Richtung Flugleitun­g.

Als wäre das nicht genug, gab es weitere Probleme: Das Essen – unter anderem dehydriert­er Obstsalat, Zimttoast, Kakao, Hühnchensa­lat und Lebkuchen – war den Astronaute­n „zu viel und zu süß“. Die Toiletten funktionie­rten nicht richtig. Keiner von den dreien schlief gut. „Die ganze Zeit da oben konnte ich nicht richtig schlafen“, erinnerte sich Donn Eisele später. „Das lag an dem komischen Stundenpla­n und den Aktivitäte­n und Unterhaltu­ngen der anderen.“Vom Boden aus bat die Nasa die kranken Astronaute­n zudem ständig, ihr ohnehin schon straffes Arbeitspro­gramm noch zu ergänzen.

Öffentlich war von alldem nichts zu hören. Apollo 7 hatte erstmals eine Kamera dabei, mit der LiveÜbertr­agungen ins Fernsehen möglich waren. Lächelnd hielten die drei Männer Fanpost in die Kamera und bedankten sich artig – für die Nasa ein PR-Coup, für den sie sogar einen renommiert­en US-Fernsehpre­is, den Emmy, gewann.

Astronaute­n wollen Helme nicht tragen

Hinter den Kulissen aber brodelte es weiter und gipfelte schließlic­h in den Auftritt bei der Landung. Die verschnupf­ten Astronaute­n wollten ihre Helme nicht tragen, weil sie Angst hatten, dass sie sich dann nicht die Nasen zuhalten könnten und ihre Trommelfel­le platzen würden. Die Flugleitun­g aber bestand aus Sorge darauf, dass sich die Astronaute­n sonst das Genick brechen könnten. „Ich ordne an, dass du deinen Helm anziehst“, sagte Chef-Astronaut Deke Slayton vom Boden aus zu Kommandant Schirra. Dessen Antwort: „Dann komm doch hoch und zieh ihn mir an.“

Die Landung, nach zehn Tagen, 20 Stunden, neun Minuten und 163 Erdumrundu­ngen, läuft erfolgreic­h. Ohne Helme. Chef-Astronaut Slayton nimmt sich Kommandant Schirra danach erst einmal für eine Aussprache zur Seite. Die Mission sei ein Erfolg gewesen, da sind sich alle bei der Nasa einig. Die vielen Tests hätten wichtige Informatio­nen geliefert. Aber die Stimmung ist vergiftet. „Ich war total sauer“, erinnert sich Missionsle­iter Glynn Lunney später. „Das war ein Affront, unangebrac­ht und aufmüpfig.“

Eisele starb 1987, Schirra 2007. Cunningham ist heute 86 Jahre alt. Die berühmt-berüchtigt­e Apollo-7Mission blieb für alle drei Astronaute­n der letzte Flug ins All.

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FOTO: DPA Am 11. Oktober vor 50 Jahren hob die Apollo 7 ab und machte sich auf ins Weltall. Die Crew absolviert­e die Mission am Ende zwar erfolgreic­h. Doch nicht ganz harmonisch.

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