Prozess in Türkei: Hüseyin M. entlassen
ISTANBUL (dpa) - Nach 45 Tagen in türkischer U-Haft kommt der wegen Präsidentenbeleidigung angeklagte Hüseyin M. aus Braunschweig frei. Auch eine Ausreisesperre gebe es nicht, sagte sein Anwalt Erdal Güngör nach dem Prozessauftakt in Ankara am Donnerstag. M. dürfe heimfliegen. „Der Prozess geht allerdings weiter“, sagte Güngör. Der nächste Termin sei für den 9. April 2019 angesetzt. Das Gericht habe M. unter anderem auf freien Fuß gesetzt, weil er keine Vorstrafen habe. Damit droht keine weitere Eskalation im deutschtürkischen Verhältnis.
„Wir sind alle erleichtert und danken allen, die geholfen haben“, sagte der Bruder des 42-Jährigen. M. war Ende August während seines Urlaubs festgenommen worden. In der Anklageschrift, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, hieß es, dass er Präsident Recep Tayyip Erdogan am 23. Mai 2014 und am 27. Juli 2015 in Facebook-Einträgen beleidigt habe. Erst im August 2018 wurde M. allerdings unter mysteriösen Umständen denunziert, und zwar mit gleich mehreren E-Mails, unter anderem an das Präsidialamt, sagte Anwalt Güngör. Wer dahinter steckte, wusste der Anwalt bis zum Prozessauftakt nicht. M. drohen weiterhin bis zu sechs Jahre Haft.
Mit seiner Ausreise wird er für die türkische Justiz aber nun wohl nicht mehr greifbar sein, selbst wenn er bei den kommenden Gerichtsterminen verurteilt werden sollte. Das könnte Absicht sein. Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit mehrfach betont, dass die Freilassung der Deutschen in türkischen Gefängnissen eine zentrale Voraussetzung für die Verbesserung der bilateralen Beziehungen sei.