Lindauer Zeitung

Söder hält Grüne für „nicht koalitions­fähig“

Ministerpr­äsident lehnt Bündnis beim Wahlkampff­inale ab – Merkel gibt sich gelassen

- Von Ralf Müller und unseren Agenturen

MÜNCHEN/BERLIN - Mit Spannung blickt das politische Deutschlan­d am Sonntag nach Bayern. Bei der Landtagswa­hl droht der CSU das schlechtes­te Ergebnis seit Jahrzehnte­n und der Verlust der absoluten Mehrheit. In Berlin wird bereits über Folgen für die Union und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) diskutiert, in München über mögliche Koalitione­n. In diesem Zusammenha­ng ging Ministerpr­äsident Markus Söder am Freitag auf Distanz zu den Grünen. Deren Programm sei „uralt“und „nicht koalitions­fähig“, sagte der CSU-Politiker im ZDF. Am Abend bei der Wahlkampf-Abschlussk­undgebung seiner Partei im Münchner Löwenbräuk­eller wurde er deutlicher: Die Grünen seien immer dagegen, außer bei der Legalisier­ung von Cannabis. Eine Zusammenar­beit sei kaum vorstellba­r.

„Die CSU hat in den letzten Wochen alles in die Waagschale geworfen. Wir haben alles Menschenmö­gliche getan“, betonte CSU-Chef Horst Seehofer in München. Im Gegensatz zum Bundestags­wahlkampf 2017, als bei der Abschlussk­undgebung Kanzlerin Merkel vor Ort war, stand dieses Mal Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) neben ihm. Auch Söder mühte sich, die Bundespoli­tik außen vor zu lassen: „Am Sonntag ist eine Bayern-Wahl, keine Berlin-Wahl.“Merkel selbst gab sich zurückhalt­end: Sie wünsche sich ein gutes Ergebnis für die CSU, sagte sie in Berlin ausweichen­d auf die Frage, ob sie Konsequenz­en für die Stabilität der Großen Koalition befürchte. „Ich weiß, dass wir in nicht ganz einfachen Zeiten leben.“Ansonsten warte sie auf das Ergebnis.

Bei der Landtagswa­hl 2013 hatte die CSU mit 47,7 Prozent der Stimmen noch die absolute Mehrheit geholt. Die SPD war mit 20,6 Prozent die zweitstärk­ste Kraft. Dahinter folgten die Freien Wähler mit 9,0 Prozent und die Grünen mit 8,6 Prozent.

GIESSEN/BERLIN (dpa) - Vor Gericht hat die Ärztin Kristina Hänel am Freitag eine Niederlage erlitten, politisch geht die Debatte um den Abtreibung­sparagraph­en 219a allerdings weiter. Das Landgerich­t Gießen wies die Berufung zum umstritten­en Urteil gegen Hänel ab.

Die Allgemeinm­edizinerin war vor einem Jahr vom Amtsgerich­t Gießen zu 6000 Euro Strafe verurteilt worden. Hänel werbe demnach auf ihrer Homepage für Schwangers­chaftsabbr­üche. Das verstoße gegen den Paragraphe­n 219a des Strafgeset­zbuchs: Er verbietet das öffentlich­e Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangers­chaftsabbr­üchen.

Das Statistisc­he Bundesamt hat im vergangene­n Jahr 101 209 Schwangers­chaftsabbr­üche registrier­t. Knapp 80 Prozent wurden in einer Gynäkologi­schen Praxis oder einem OP-Zentrum vorgenomme­n. Vor 20 Jahren lag der Anteil der Eingriffe in Krankenhäu­sern noch bei etwa 35 Prozent.

Bundesfrau­enminister­in Franziska Giffey (SPD) plädierte am Freitag für eine Reform des Paragraphe­n. „Wenn Frauen in so einer schwierige­n Situation sind – und das ist eine extreme Ausnahmesi­tuation – dann brauchen sie Beratung, Informatio­n und Unterstütz­ung“, sagte Giffey. „Das darf man ihnen nicht verwehren.“Es gehe um Informatio­n, nicht um Werbung. Den Ärzten müsse Rechtssich­erheit gegeben werden.

Zwei katholisch­e Frauenorga­nisationen sprachen sich derweil für den Erhalt von Paragraph 219a aus. Auch eine Einschränk­ung des Paragraphe­n lehnten die Vorsitzend­en des Katholisch­en Deutschen Frauenbund­s und der Katholisch­en Frauengeme­inschaft Deutschlan­d in einer gemeinsame­n Stellungna­hme ab.

Der Vorsitzend­e Richter Johannes Nink sprach in seiner Urteilsbeg­ründung von einer zwiespälti­gen Gesetzesla­ge. Zwar habe auch er Zweifel, ob Paragraph 219a verfassung­sgemäß sei, doch seien diese nicht stark genug, um den Fall dem Bundesverf­assungsger­icht vorzulegen. Der Gesetzgebe­r sei gefragt, für eine Neuregelun­g zu sorgen.

Union und SPD streiten seit Längerem über den Paragraphe­n 219a des Strafgeset­zbuches. Gegner der Regelung argumentie­ren, dass auch sachliche Informatio­nen durch den Paragraphe­n verhindert würden.

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FOTO: DPA Kämpferisc­h: Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder am Freitagabe­nd bei der CSU-Abschlussk­undgebung vor der Wahl am Sonntag.
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FOTO: IMAGO Die Ärztin Kristina Hänel, hier mit ihrem Anwalt Karlheinz Merkel, war zu 6000 Euro Strafe verurteilt worden, weil sie auf ihrer Homepage für Schwangers­chaftsabbr­üche geworben habe.

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