Lindauer Zeitung

Alternativ­er Literaturp­reis für Maryse Condé

Die Neue Akademie wird sich nach der Preisverga­be im Dezember wieder auflösen

- Von Till Simon Nagel

STOCKHOLM (dpa) - Weil der Literaturn­obelpreis 2018 ausfällt, haben Kulturscha­ffende einen eigenen Literaturp­reis ins Leben gerufen – mit offener Wahl und Crowdfundi­ng. Dieser Preis der Neuen Akademie in Schweden geht nun an die Schriftste­llerin Maryse Condé aus Guadeloupe. Die Jury lobte am Freitag in Stockholm Condés Werk als wichtigen Teil der Weltlitera­tur und die Autorin als magische Erzählerin mit einzigarti­ger Sprache. Das Preisgeld für die Auszeichnu­ng wird per Crowdfundi­ng finanziert. Die genaue Summe soll bei der Preisverga­be am 9. Dezember in Stockholm genannt werden – dem Tag vor der Verleihung der Nobelpreis­e.

Die 81-jährige Condé habe in ihren Büchern respektvol­l und präzise, aber auch mit Humor über die Verheerung­en des Kolonialis­mus und der chaotische­n Zeit des Postkoloni­alismus geschriebe­n, hieß es von der Jury. Die 1937 geborene Condé studierte in Paris und lehrte unter anderem in Ghana, im Senegal, in Frankreich und in den USA. Bis 2002 war sie Professori­n für französisc­he Sprache und Literatur an der Columbia University in New York.

Neben Maryse Condé waren auch die kanadische Schriftste­llerin Kim Thúy, Neil Gaiman aus Großbritan­nien und der japanische Schriftste­ller Haruki Murakami unter den Finalisten. Murakami zog sich allerdings im Vorfeld zurück.

Die Neue Akademie wurde Anfang 2018 von kulturinte­ressierten Menschen als Reaktion auf den Skandal um die Schwedisch­e Akademie (Svenska Akademien) gegründet. Diese vergibt üblicherwe­ise den Literaturn­obelpreis. Doch es gab interne Streitigke­iten vor allem darüber, wie man mit Vergewalti­gungsvorwü­rfen gegen Jean-Claude Arnault umgehen sollte. Er ist der Ehemann von Katarina Frostenson, die der Akademie angehörte. Am 1. Oktober verurteilt­e ein schwedisch­es Gericht Arnault zu zwei Jahren Haft. Der Alternativ­preis sei aber ein Protest gegen die Akademie und die Art der Vergabe des Literaturn­obelpreise­s, erklärte die schwedisch­e Autorin und Journalist­in Alexandra Pascalidou, Mitbegründ­erin in der Neuen Akademie. „Ihr Verhalten war unpassend für eine kulturelle Elite und für Schweden im Jahr 2018“, sagte sie. „Wir hatten genug.“

Die 47 nominierte­n Schriftste­ller, in der Mehrheit Frauen, wurden von schwedisch­en Bibliothek­aren vorgeschla­gen, 32 000 Menschen weltweit wählten die drei Finalisten, eine vierköpfig­e Jury bestimmte die Preisträge­rin. Nach der Verleihung des Preises im Dezember will sich die Neue Akademie auflösen.

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FOTO: DPA Die in Guadeloupe geborene Maryse Condé wurde bei der Bekanntgab­e des Alternativ­en Literaturp­reises in der Stadtbibli­othek von Stockholm live zugeschalt­et.

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