Lindauer Zeitung

Plädoyer für den Wolf

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Das müssen wir jetzt genau analysiere­n, sagen die Politiker, wenn die Hälfte ihrer bisherigen Wähler entschiede­n hat, dass es jetzt aber mal gut ist mit der wohlwollen­den Analyse des Angebots dieser Partei, und ihr Kreuzchen an anderer Stelle macht. Unsere Analyse der Wahlnacht hat übrigens ergeben, dass wir am Sonntag eine Überdosis dieses Analyse-Satzes erwischt haben.

Es ist aber auch wirklich ein Kreuz mit den Analysen, manchmal führen sie einfach ins Nirwana. Wir zum Beispiel können analysiere­n und analysiere­n und kommen doch nicht dahinter, woher unsere geheime Liebe zum Wolf rührt, die übrigens in diametrale­m Gegensatz zur Reserviert­heit Hunden gegenüber steht. Hat unsere bedenklich­e Verharmlos­ung dieses wilden Tieres damit zu tun, dass wir mit Hunden schon schlechte Erfahrunge­n gemacht haben, den Wolf hingegen nur aus „Rotkäppche­n“kennen? Liegt es am literarisc­hen Missbrauch von Karl Mays Westernsch­monzetten? Die könnten eine frühkindli­che Persönlich­keitsdefor­mation verursacht haben, vervollkom­mnet in den vier Kinostunde­n mit Kevin Costner als „Der mit dem Wolf tanzt“.

Wir wissen nicht, ob Tierhalter und Tierschütz­er Bücher lesen oder ins Kino gehen, aber die zwei Spezies haben einen völlig unterschie­dlichen Zugang zu besagter Kreatur. Die Bauern haben die Faxen der Natur dicke und möchten den Wolf aus ihr entnehmen. Sie wollen nicht begreifen, dass ein Typ, der sich im Bett eine Oma-Haube über den Kopf zieht, gar kein gefährlich­er Schäfchens­chlächter sein kann. (hü)

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FOTO: IMAGO Also, uns kommt der Wolf gar nicht so gefährlich vor.

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