Spezi oder doch Schwarz-Grün: In Bayern scheint alles möglich
Ministerpräsident Söder zeigt sich nach den Sondierungsgesprächen überraschend offen für beide Varianten – Was steckt dahinter?
MÜNCHEN - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kann sich auf einiges gefasst machen, wenn er – wie beabsichtigt – eine Regierungskoalition mit den Freien Wählern (FW) eingeht. Nicht wegen massiver inhaltlicher Differenzen, sondern weil dann eine Ferkelübergabe droht. Ein Besuch Söders auf dem Bauernhof des FW-Vorsitzenden und Ferkelzüchters Hubert Aiwanger wird sich „wohl nicht vermeiden lassen“, wie der FW-Chef am Mittwoch nach einem ersten Sondierungsgespräch mit der CSU scherzte.
Der FW-Partei- und Fraktionsvorsitzende hatte allen Grund zu guter Laune. Dass die mit 37,2 Prozent aus der jüngsten Landtagswahl hervor gegangene CSU ein Regierungsbündnis mit den Freien Wählern anstreben würde, stand eigentlich schon am Wahlabend fest. Aiwanger als Leiter der FW-Verhandlungsdelegation wäre wohl bereit gewesen, gleich in Koalitionsverhandlungen einzusteigen. Doch Gesprächspartner Söder legte Wert darauf, am Nachmittag erst noch mit den Grünen zu sondieren.
Erst einmal lobte Söder am Mittwochmittag das „sehr konstruktive Gespräch“mit den Freien Wählern, das mit „wenig Ideologie“befrachtet gewesen sei – und freute sich über das „hohe Maß an Übereinstimmung“. „Es war ein guter Vormittag“, sagte Söder. Über inhaltliche Details hatten beide Seiten Stillschweigen vereinbart.
Wer vermutet hatte, das für den Nachmittag angesetzten Sondierungsgespräch mit den Grünen würde neben ein paar Höflichkeitsfloskeln nur die Feststellung bringen, dass man sich nicht einig sei, wurde dann allerdings überrascht. Nach der gegenüber den Planungen um eine Stunde verlängerten Sondierung stellte Ministerpräsident Söder „manche Gemeinsamkeit“in einem „mehr als belebenden Gespräch“fest. Mehr noch: „Es lohnt, darüber nachzudenken“, sagte Söder und bedankte sich bei der Grünen-Truppe bestehend aus den beiden Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann sowie unter anderem Anton Hofreiter und Claudia Roth artig für das "Gespräch und die guten Ideen". In einigen Punkten freilich habe man noch "einen sehr weiten Weg" vor sich, beispielsweise in der Sicherheitspolitik.
Hartmann: Es ist ein weiter Weg
Nach abruptem Ende klang auch nicht, was die Grünen zu sagen hatten. Man habe „Trennendes und Verbindendes festgestellt“, sagte Schulze. Hartmann sprach davon, „das Beste aus beiden Lagern zusammenzubringen“und „Gräben zu überwinden“. Beide Seiten wollen jetzt über das Treffen nachdenken. Bei der CSU werde am Donnerstag entschieden, wie es weitergeht, sagte Söder. Die Grünen haben weniger zu entscheiden, räumte Hartmann ein. Die Entscheidung darüber liege vor allem bei der anderen Seite. Und auch Hartmann gestand: „Es ist ein sehr weiter Weg.“
War das eine List der CSU, die Freien Wähler etwas zu verunsichern? FW-Chef Aiwanger hatte zuvor mitgeteilt, dass man in dem drei stündigen Gespräch mit der CSU keine „K.o.-Kriterien“ausgemacht habe. Jeder habe zwar seine roten Linien, aber die jeweils andere Seite wolle diese nicht überschreiten. Vielleicht komme man besser miteinander klar, sagte Aiwanger, als er das im Vorfeld befürchtet habe.
Wenn es nach Aiwanger geht, sollte es jetzt Schlag auf Schlag gehen. Dann könnte die neue schwarz-orangene bayerische Staatsregierung – einige Beobachter sprechen von einer „Spezi-Koalition“– noch vor der von der Landesverfassung gesetzten Frist von längstens einem Monat stehen.
Möglichst am Freitag, meinte Aiwanger, sollten CSU und FW weiter verhandeln. Wenn die CSU meine, noch sondieren zu müssen, dann bitte – aber aus seiner Sicht könnten die Gespräche gleich formal in Koalitionsverhandlungen umbenannt werden.
Unklar bleibt, ob auch die SPD noch bereit wäre, sich mit der CSU zu Sondierungen zu treffen. Der Parteivorstand will darüber am Sonntag beraten. Diese Option würde nur zum Tragen kommen, sollten die Gespräche mit Freien Wählern und Grünen scheitern. Die SPD war bei der Landtagswahl nur bei 9,7 Prozent gelandet.