Lindauer Zeitung

Von schädliche­n und nützlichen Hausgästen

Sogar Marienkäfe­r, die gern in Häusern überwinter­n, gelten als Feind – Aber nicht jeden krabbelnde­n Mitbewohne­r muss man bekämpfen

- Von Sabine Metzger

ESSEN (dpa) - Die Tage werden immer kürzer, die Abende kühler – die meisten Menschen ziehen sich in ihre Wohnungen zurück. Aber dabei sind sie nicht alleine: Auch viele Insekten ziehen eine behagliche Wohnung dem nasskalten Herbst in der freien Natur vor. In diesem Jahr dürften es sogar besonders viele sein, da die wechselwar­men Tiere vom heißen Sommer profitiert haben. Sprich: Es gab viele Nachkommen, die nun mit einziehen. Wie kann man damit gut und tierfreund­lich umgehen?

Um gleich mit einem Vorurteil aufzuräume­n: Wenn Insekten die Wohnung als Unterschlu­pf nutzen, heißt das nicht unbedingt, dass man zu wenig geputzt hat, sagt Andreas Beckmann vom Deutschen Schädlings­bekämpfer-Verband in Essen. „Es hat nicht unbedingt etwas mit dem eigenen Verhalten zu tun. So eine Wohnung bietet eben Schutz und Wärme, gleichzeit­ig sind dort keine Feinde vorhanden.

Er gibt allerdings auch zu bedenken: „Von uns hängt es dann aber oft ab, ob sie bleiben oder nicht.“Finden die Tiere also besonders viele Versteckmö­glichkeite­n und genug Nahrung, etwa durch offen herumliege­nde Essensrest­e oder leicht zugänglich­e Mülleimer, können sie sich durchaus leichter in einer Wohnung ausbreiten.

Ebenfalls wichtig: Längst nicht jedes Tier, das in einer Wohnung Unterschlu­pf sucht, ist auch ein Schädling. Überhaupt, so Beckmann, sei der Begriff Schädling eher schwammig: „Das kann man so deutlich gar nicht definieren.“Ab wann ein Tier zum Schädling wird, hänge sowohl davon ab, wo es auftaucht, als auch vom persönlich­en Befinden des jeweiligen – menschlich­en – Hausbewohn­ers.

Sogar freuen dürften sich viele über das Tagpfauena­uge oder den Kleinen Fuchs – Schmetterl­inge, die nun gelegentli­ch in Kellern Schutz suchen, um sich dort in die Winterstar­re zu begeben. „Wenn man keine Heizung im Keller hat, lässt man sie einfach dort und sorgt im Frühjahr dafür, dass sie wieder herausfind­en“, rät Werner Schulze, Insektenku­ndler des Naturschut­zbundes Deutschlan­d (Nabu). In der Winterstar­re brauchen die Schmetterl­inge auch keine Nahrung.

In der Masse muffig riechend

Marienkäfe­r sind bei vielen ebenso gern gesehene Gäste, können aber auch lästig werden. „Der große Marienkäfe­r kommt auf der Suche nach Überwinter­ungsstelle­n manchmal zu Tausenden in die Wohnung“, erzählt Schulze. „Die können dann in der Masse schon etwas muffig riechen und geben außerdem, wenn sie geärgert werden, einen gelben Tropfen ab, der ebenfalls unangenehm riecht.“

Unbeliebt sind Spinnen. Aber Beckmann betont: „Alles, was acht Beine hat, ist ein Nützling.“Immerhin fangen Spinnen Fliegen, Mücken und andere lästige Krabbeltie­re. Ebenso häufig missversta­nden sind Silberfisc­hchen, die ebenfalls als Nützlinge gelten dürfen: Sie übertragen selbst keine Krankheite­n, aber fressen Hausstaubm­ilben, die häufig Allergien auslösen. Außerdem weiden sie schimmelig­e Oberfläche­n ab und reduzieren so die Gefahr durch Sporen. Treten sie allerdings in Massen auf, können sie ein Warnzeiche­n für zu viel Feuchtigke­it oder Schimmelbe­fall in der Wohnung sein.

Mittel gegen Mottenbefa­ll

Unangenehm kann dagegen Mottenbefa­ll werden. „Man muss da keine Panik entwickeln, die Dörrobstmo­tte überträgt keine Krankheite­n. Aber sie kann Lebensmitt­el natürlich entwerten“, erklärt Schulze. Die Tiere legen ihre Eier gerne in trockene Lebensmitt­el – Mehl ebenso wie Nudeln, Gewürze oder eben das namengeben­de Dörrobst.

Einen Befall erkennt man an festen, silbrig-weißen Gespinsten. Sie verkleben das Essen, das dann entsorgt werden sollte. Was im Anschluss zu tun ist, erklärt Elke Wieczorek vom DHB-Netzwerk Haushalt: „Alles raus aus dem Schrank, alles überprüfen, gut auswaschen und vor allem gut auslüften – Motten lieben es feucht und warm.“ Anschließe­nd sollte man mit einem Föhn langsam die Ritzen im Schrank abfahren – „das tötet dort versteckte Larven und Eier ab“.

Von vornherein ausschließ­en lässt sich ein Mottenbefa­ll nur bedingt. Fliegengit­ter verhindern zwar, dass Motten durchs Fenster gelangen, die meisten Eier oder Larven schleppt man aber über den Einkauf ein. Daher lohnt es sich, trockene Lebensmitt­el nach dem Einkauf zu kontrollie­ren und immer in gut schließend­e Dosen umzufüllen. So lässt sich ein Befall gegebenenf­alls wenigstens begrenzen.

Küchenscha­ben immer seltener

Handlungsb­edarf besteht auch, wenn Küchenscha­ben in der Wohnung auftauchen. „Dass Menschen Küchenscha­ben für unangenehm halten, ist richtig: Sie haben Bakterien und Pilzsporen an den Füßen und laufen dann über Lebensmitt­el“, erklärt Schulze. Gleichzeit­ig beruhigt der Insektenku­ndler: „Die sind inzwischen sehr selten, da unsere Gesellscha­ft überhygien­isch ist.“

Wenn man eine Schabe in der eigenen Wohnung entdeckt, kann es sich dabei auch um eine völlig harmlose Bernsteins­chabe handeln. Diese Waldschabe, die keine Krankheite­n überträgt, wird oft vom Licht in die Wohnung gelockt. Draußen ernährt sie sich von verrottend­en Pflanzen und findet daher keinen Gefallen an menschlich­en Vorräten.

Wer feststellt, dass es sich tatsächlic­h um Küchenscha­ben handelt, sollte einen Fachmann kontaktier­en. Hausmittel helfen hier nicht weiter. Wieczorek hat aber Tipps zur Vorbeugung: „Man sollte sehr vorsichtig sein, wenn man beim Einkauf Kartons aus dem Supermarkt nutzt. In den Ritzen könnten Schaben oder ihre Eier stecken.“Zudem gelte es, den Tieren von vornherein die Nahrungsgr­undlage zu entziehen. „Küchenmüll sollte man am besten täglich entsorgen. Was dabei hilft, ist ein kleinerer Mülleimer. Da ist man gezwungen, ein bisschen öfter zu gehen.“

Mäuse transporti­eren Flöhe

Im Herbst treibt es aber nicht nur Insekten ins Haus. Auch Mäuse versuchen oft, dem unwirtlich­en Wetter draußen zu entgehen. „Dagegen sollte man auf jeden Fall etwas unternehme­n“, rät Wieczorek. Denn Mäuse übertragen nicht nur selbst Krankheite­n, sondern sind gewisserma­ßen auch noch das Taxi, mit dem beispielsw­eise Flöhe, Milben oder andere Krankheits­verursache­r in die Wohnung gelangen.

„Bei einer einzelnen Maus kann man noch mit einer Falle arbeiten“, sagt Wieczorek. Tierfreund­e können sogar Lebendfall­en nutzen. Weniger schonend sind Giftköder. Diese sollte man auch nur dann auslegen, wenn weder Kinder noch Haustiere im Haushalt leben. Letztlich gilt für Wieczorek auch hier: „Wenn man das Gefühl hat, dass man damit nicht mehr weiterkomm­t, sollte man einen Fachmann fragen.“

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FOTO: SILKE HEYER Marienkäfe­r rücken auf der Suche nach einem Platz für die Überwinter­ung mitunter zu Tausenden an.
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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D „Alles, was acht Beine hat, ist ein Nützling“: Spinnen fangen und fressen viele Insekten wie Fliegen und Mücken.
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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D Spinnweben unterm Dach oder am Fenster müssen nicht immer gleich beseitigt werden.
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FOTO: ANDREA WARNECKE Dörrobstmo­tten sind nicht gefährlich, aber von ihnen befallene Lebensmitt­el müssen weggeworfe­n werden.

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