Lindauer Zeitung

Ein Wortkünstl­er und „schlechter Bayer“

Alex Burkhard rätselt, warum seine Heimatstad­t Lindenberg ihn mit dem Kulturprei­s auszeichne­t

- Von Ingrid Grohe

LINDENBERG - Von einem Kulturprei­s, den seine Heimatstad­t Lindenberg jährlich vergibt, wusste Alex Burkhard bisher nichts. Er erfuhr davon, als ihm mitgeteilt wurde, dass er der diesjährig­e Preisträge­r sei. Und noch bei der Verleihung im Rahmen der Eröffnung der Westallgäu­er Kunstausst­ellung schien ihm die Ehrung nicht ganz geheuer zu sein. Nachdem Kulturrefe­rentin Hanni Windhaber die Laudatio auf ihn gehalten und Bürgermeis­ter Eric Ballersted­t die Urkunde überreicht hatte, dachte der amtierende Deutsche Meister im Poetry-Slam laut und wortreich vor 230 aufmerksam und amüsiert lauschende­n Gästen darüber nach, welchem Umstand er sie wohl verdankt.

„Bekomme ich den Preis für mein eigenes künstleris­ches Schaffen oder dafür, einer Kunstgattu­ng hier in der Heimat die verdiente Anerkennun­g verschafft zu haben?“, fragte Burkhard. Tatsächlic­h wurde er für beides ausgezeich­net. Für seinen versierten, scharfsinn­igen und zugleich spielerisc­hen Umgang mit Sprache: in Büchern, Gedichten, Slam-Texten wie auch bei Moderation­en. Wobei es Burkhard beim Jonglieren mit Worten nie allein um die Wirkung geht, sondern auch um eine Botschaft. „Ich schreibe vor allem, weil ich etwas verarbeite­n möchte“, sagte er einmal im Interview mit unserer Zeitung.

Auch wenn er ein wacher und kritischer Beobachter der Gesellscha­ft ist, sieht sich Burkhard nicht als politische­n Kabarettis­ten. Eher geht es ihm um die kleinen Dinge des Alltags, um Befindlich­keiten und Gefühle – „das Hören auf Nebengeräu­sche“, wie er es nennt. Ein wesentlich­er Antrieb sei ihm die Selbstrefl­exion, erklärte er dem Lindenberg­er Publikum, um dann ganz uneitel zu fragen: „Warum sollte ich für das Schreiben über mich selbst einen Preis erhalten?“

Auch seine Art der Kulturförd­erung will Alex Burkhard nicht so hoch bewerten. Seit den ersten vor etwa zehn Jahren gemeinsam mit Michael Otto und Elias Angele in Lindau und Lindenberg veranstalt­eten Slams bereitet der heute 30-Jährige der jungen, engagierte­n Literatur Bühnen. Dass er, der überzeugte Großstadtm­ensch und Wahlmünchn­er, der sich als „schlechten Bayern“bezeichnet, weil er weder CSU wählt noch das Oktoberfes­t besucht, seiner Heimat bis heute treu geblieben ist, indem er im Kesselhaus und auf dem Kulturbode­n Slams moderiert, sieht er nicht als preiswürdi­ges Verdienst an, denn: „Dabei geht es ja nicht um mich, sondern um die Sprache, um die Vielfalt der Literatur, um die gemeinsame Zeit mit Leuten, die deswegen wenn nötig für einen Abend von Berlin nach Lindenberg fahren.“

Das Rätseln über die Würdigung habe ihm schlaflose Nächte bereitet, behauptete Alex Burkhard, „in denen mir mein Hund und meine Freundin abwechseln­d die Pfote auf die Stirn gelegt haben“. Zwar ratlos, aber „unheimlich dankbar“nahm er schließlic­h den mit 1500 Euro dotierten Preis entgegen.

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FOTO: THOMAS GRETLER „Ich habe wirklich keine Ahnung, warum jemand die Idee hatte, mir einen Preis zu geben“, sagte Alex Burkhard.

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