Lindauer Zeitung

Aiwanger möchte Freie Wähler im Bund etablieren

Parteichef sieht nach dem Erfolg in Bayern großes Potenzial – Im Südwesten gespalten

- Von Ulrich Mendelin und AFP

MÜNCHEN/RAVENSBURG - Beflügelt vom Wahlerfolg in Bayern und den voranschre­itenden Koalitions­verhandlun­gen mit der CSU, planen die bislang nur im Freistaat erfolgreic­hen Freien Wähler (FW) eine Ausweitung ihrer Aktivitäte­n im Bund. „Wir wollen neben Bayern natürlich auch in andere Bundesländ­er und in den Bundestag“, sagte Parteichef Hubert Aiwanger am Dienstag der Funke Mediengrup­pe. „Das Potenzial für den Einzug in den Bundestag haben wir auf jeden Fall.“Allerdings gibt es außerhalb Bayerns kaum starke FW-Landesvere­inigungen. In Baden-Württember­g sind neben Aiwangers Partei auch die unabhängig­en Freien Wähler vertreten. Sie verstehen sich nicht als Partei, die Mitglieder sind als Verband organisier­t und nur in der Kommunalpo­litik aktiv. Landesweit stellen die Freien Wähler im Südwesten 8700 Gemeinde- und Kreisräte.

Klaus Wirthwein, Vorsitzend­er der mit Aiwanger verbündete­n, 120 Mitglieder starken FW-Landesvere­inigung in Baden-Württember­g, freut sich über den „Rückenwind aus Bayern“. In zwei Wochen werde in Schwäbisch Hall ein neuer Kreisverba­nd gegründet, Gespräche gebe es auch in den Landkreise­n Rastatt und Heilbronn. Einen Einzug in den Bundestag bezeichnet Wirthwein als „schönes Ziel“. Vorrangig sei es aber für ihn, bei der Landtagswa­hl 2021 in allen Wahlkreise­n mit eigenen Kandidaten anzutreten. „Dann haben wir eine reelle Chance auf einen Einzug in den Landtag“, so Wirthwein, der in Achberg im Landkreis Ravensburg aktiv ist.

Der Landesverb­and der Freien Wähler, der auch nur kommunalpo­litisch tätig ist, will davon nichts wissen. „Die wollen uns vereinnahm­en, das ist eine Frechheit“, sagt der Landesvors­itzende Wolfgang Faißt, der auch Bürgermeis­ter in Renningen (Landkreis Böblingen) ist, über die Aiwanger-Partei. Für ein Antreten auf Bundes- oder Landeseben­e gebe es keine Notwendigk­eit, man könne sich auch so Gehör verschaffe­n. „Die Diskussion gibt es bei uns gar nicht.“

Aiwanger zeigt sich dennoch optimistis­ch. Sollte die Große Koalition in Berlin scheitern, könnte seine Partei die Fünf-Prozent-Hürde überwinden. „Wenn wir genügend Zeit hätten für einen guten Wahlkampf, könnte uns das in den Bundestag tragen.“Zunächst sei es aber das Ziel, am Sonntag in Hessen in den Landtag einzuziehe­n, sagte der 47-Jährige. Er setze auf Wähler, die mit den etablierte­n Parteien unzufriede­n sind und „erkennen, dass die AfD als radikale Partei eben auch keine Alternativ­e ist“. De facto spielen die Freien Wähler, in Bayern mit 11,6 Prozent drittstärk­ste Kraft, in Hessen laut Umfragen kaum eine Rolle.

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