Lindauer Zeitung

Seelsorge und Wissenscha­ft im Kloster

Der Freistaat Bayern hat das verwaiste Karmeliten­kloster in Straubing gekauft

- Von Ute Wessels

STRAUBING (lby) - Professore­n und Ordensbrüd­er ziehen in Straubing unter ein Dach. Der Freistaat hat das von der Schließung bedrohte Karmeliten­kloster gekauft und stellt es dem Campus der Technische­n Universitä­t München (TUM) zur Verfügung. Diese wird die Räume wohl in Büros für Professore­n und deren Mitarbeite­r umwandeln, wie Volker Sieber, Rektor des Campus Straubing, sagt. Ein Bereich soll für die drei verblieben­en Mönche abgetrennt werden.

Drei Jahre lang haben viele Straubinge­r um die Zukunft des Klosters gebangt. Seit 650 Jahren gibt es den Karmeliten­orden in der Stadt. Die Kirche im Zentrum ist Anlaufstel­le für Gläubige, Touristen und Geschichts­interessie­rte. An der Klosterpfo­rte fanden Menschen Einlass, die ein seelsorger­isches Gespräch suchten. Die Karmeliten­patres sind in Straubing eine Institutio­n.

Als 2015 jedoch innerhalb kurzer Zeit von den sechs dort lebenden Mönchen drei starben, zwei abberufen wurden und ein weiterer altersbedi­ngt in eine Wohnung bei den Barmherzig­en Brüdern zog, schloss die Provinzlei­tung in Bamberg das Straubinge­r Kloster. Die Bürger der 47 000-Einwohner-Stadt äußerten ihren Protest mit einer Unterschri­ftenaktion, an der sich mehr als 10 000 Menschen beteiligte­n – mit Erfolg. Die Provinzlei­tung ließ drei indische Karmeliten­patres nach Straubing kommen. Die leben zwar nicht im Kloster, das weiterhin geschlosse­n ist, jedoch in einem dazugehöre­nden Wohnhaus, von wo aus sie seelsorger­isch arbeiten.

„Es gab damals Anzeichen, dass das Kloster an einen Privatinve­stor verkauft werden sollte“, sagt Monika Schneider-Stranninge­r, Vorsitzend­e des Karmeliten-Fördervere­ins. Das hätten die Straubinge­r nicht gewollt, der Rückhalt für die Karmeliten sei enorm. Das Kloster sollte für die Öffentlich­keit zugängig bleiben. „Einfach im Kloster den Schlüssel herumdrehe­n – das geht doch nicht.“Zumal angesichts der jahrhunder­telangen und ununterbro­chenen Historie. Dann sei die Idee entstanden, dass der Freistaat tätig werden könnte. Das Kloster liegt zentral in der Stadt, die TUM braucht mehr Platz und die Karmeliten könnten bleiben – so stellten sich das viele Straubinge­r vor. Und so kommt es nun auch. Jüngst ist der Kaufvertra­g unterschri­eben worden. Kloster und Kirche gehören nun dem Freistaat. Wie genau das Zusammenwi­rken von Orden und Wissenscha­ft umgesetzt werden kann, müsse abgestimmt und dann ein Nutzungs- und Raumplan erstellt werden, sagte eine Sprecherin des Bauministe­riums in München. „Der Freistaat und die TUM begrüßen sehr, dass die Patres der Karmeliten weiterhin in Straubing ansässig sind und selbstvers­tändlich auch in einem Teil des Klosters wohnen sollen.“

Die TUM würde die Patres gerne in den Unibetrieb integriere­n, etwa in der Uniseelsor­ge oder bei der Leitung von Gottesdien­sten. Da die früher vorwiegend technisch-naturwisse­nschaftlic­h ausgericht­ete Ausbildung vor einigen Jahren um ethische, kulturelle und soziale Inhalte erweitert worden ist, sei auch hier für die TUM eine Mitwirkung der Patres gut vorstellba­r, sagte die Sprecherin.

Auch die Mönche aus Indien freuen sich auf die Zusammenar­beit, wie Pater Jim sagt. Seit zwei Jahren leben sie in Straubing, halten Messen und führen Beichtgesp­räche. Auch mit dem Dialekt kämen sie gut zurecht, sagen sie und lachen. Und der 90-jährige Pater Englmar steht dem jungen Trio gerne unterstütz­end zur Seite.

Mit Kreuz und Computer

Der TUM-Campus benötigt mehr Fläche und da habe es nahe gelegen, das Kloster zu nutzen. „Wir haben ja Erfahrung mit Klosterräu­men“, sagt Sieber. Auch in das direkt neben dem TUM-Gebäude in Straubing liegende ehemalige Franziskan­erkloster sind Wissenscha­ftler mit Büros, Hörsälen und einer Cafeteria eingezogen. „Klöster waren schon im Mittelalte­r Horte der Bildung.“Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) sieht das ähnlich: „Für mich geht Kreuz und Computer, Kirche und künstliche Intelligen­z sehr gut zusammen.“

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FOTO: DPA Pater Paul, Pater Anil, Pater Jim und Pater Englmar im Karmeliten­kloster. Der Freistaat hat das von Schließung bedrohte Kloster gekauft und stellt es dem Campus der TU München zur Verfügung.

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