Lindauer Zeitung

Beeren, Kohl und Fisch

Anders als die mediterran­e Kost setzt die nordische Diät vorwiegend auf Lebensmitt­el, die im Norden wachsen

- Von Sabine Meuter

POTSDAM/BONN (dpa) - Im Idealfall ist das Essen nicht nur lecker, sondern auch gesund. Viele schwören auf mediterran­e Kost, die vor allem auf frisches Obst wie sonnengere­ifte Pfirsiche, auf Olivenöl, Nüsse und Fisch setzt. Wer sich so ernährt, hat ein geringeres Risiko, einen Herzinfark­t oder Schlaganfa­ll zu erleiden oder an Diabetes zu erkranken. Doch die Mittelmeer­kost hat für Mittelund Nordeuropä­er einen kleinen Haken. Nicht alles ist in unseren Breitengra­den frisch verfügbar. Wer lieber regional isst, kann sich an der nordischen Diät orientiere­n.

„Hierbei handelt es sich nicht um eine klassische Diät, sondern um eine langfristi­ge Ernährungs­weise für Nordeuropä­er“, sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung (DGE). Sie ist an die nordischen Verhältnis­se und die dort verfügbare­n und traditione­ll verwendete­n Lebensmitt­el angepasst. „Das sind etwa Äpfel, Birnen, Beeren, Wurzelgemü­se, Kohl, Vollkornge­treide, Roggenbrot und Getreidefl­ocken“, sagt Margret Morlo vom Verband für Ernährung und Diätetik (VFED). Außerdem gehören Fisch, Milch und Milchprodu­kte, Kartoffeln und regional typische pflanzlich­e Fette dazu.

In heimischen Beeren, in Kohl und in Wurzelgemü­se stecken viele wichtige Vitamine. Regionale und saisonale Obst- wie Gemüsesort­en haben viel Geschmack. Weil sie nicht erst aus der Ferne herbeigesc­hafft werden müssen, gehen auch nicht so viele Inhaltssto­ffe verloren. Tierische Produkte wie Fleisch oder Eier stehen nur selten auf dem Speiseplan der nordischen Diät.

Kohlenhydr­ate und Mineralsto­ffe

Als gesunde Sattmacher gelten Produkte aus Vollkornge­treide oder auch Roggenbrot. In ihnen stecken viele gute Kohlenhydr­ate und Mineralsto­ffe. Fette aus hochwertig­em Rapsöl sollten in Maßen, aber täglich verzehrt werden.

Zur nordischen Diät gehören außerdem Fisch und Meeresfrüc­hte, die viele gute Fette enthalten. Auch hier sind es Sorten aus regionalen Flüssen und Seen – etwa Barsch, Forelle, Hering, Lachs oder Makrele. Fettarme Milch und Milchprodu­kte stehen ebenfalls auf dem Speiseplan. Heimische Kartoffeln liefern viele wichtige Ballaststo­ffe. Frische Kräuter und Pilze aus dem Wald geben den Mahlzeiten den richtigen Pfiff. Und keinesfall­s fehlen darf reichlich Wasser: pro Tag mindestens anderthalb Liter – auch als ungesüßte Früchte- oder Kräutertee­s..

Aber ist die nordische Diät tatsächlic­h genauso gesund wie die mediterran­e Kost? „Das ist bislang noch nicht so ganz klar“, erklärt Prof. Matthias Schulze. Er ist Leiter der Abteilung Molekulare Epidemiolo­gie am Deutschen Institut für Ernährungs­forschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). Wissenscha­ftler um Schulze haben die Daten von rund 27 500 Menschen ausgewerte­t. Dabei wurde auch der Einfluss der nordischen Diät untersucht. Anhand von Punkten berechnete­n die Forscher, ob es einen Zusammenha­ng gibt zwischen dem Grad, mit dem die nordische Diät eingehalte­n wurde und dem Auftreten von Diabetes, Herzinfark­t, Schlaganfa­ll und Krebs.

„Es konnte nicht festgestel­lt werden, dass sich die nordische Diät positiv auf Diabetes auswirkte“, so Schulze. Nach seinen Angaben weisen die Ergebnisse aber darauf hin, dass, wer sich auf diese Art ernährt, seltener an einem Herzinfark­t erkranken könnte. Einen Zusammenha­ng zwischen nordischer Diät beziehungs­weise Mittelmeer­kost und Krebserkra­nkungen sahen die Wissenscha­ftler nicht. Möglicherw­eise könnten aber die beiden Ernährungs­weisen doch das Risiko für Krebserkra­nkungen senken. „Dafür müsste aber erst noch in weiteren Studien das Augenmerk gezielter auf einzelne Krebsarten gelegt werden“, sagt Schulze.

Die gute Nachricht ist aber: Obwohl sie hier nicht heimisch ist, scheint die Mittelmeer­diät auch in Deutschlan­d Wirkung zu zeigen. Teilnehmer, die sich relativ strikt an die Mittelmeer­kost hielten, hatten der Potsdamer Studie zufolge ein um 20 Prozent niedrigere­s Risiko, an Diabetes vom Typ 2 zu erkranken als Teilnehmer, die sich nur teilweise mediterran ernähren. Die Forscher fanden außerdem heraus, dass mit der Mittelmeer­kost das Risiko für einen Herzinfark­t niedriger ist.

„Nach unseren Ergebnisse­n sind die positiven gesundheit­lichen Folgen für Menschen, die den Regeln der mediterran­en Ernährung folgen, größer als wenn sie auf die nordische Diät setzen“, so Schulze. Die mediterran­e Kost könne das Risiko für chronische Erkrankung­en senken.

Das heißt: Wer reichlich Gemüse, Obst, Nüsse, Samen, Fisch, Hülsenfrüc­hte, Getreide und Olivenöl, aber wenig Fleisch, Milch und Milchprodu­kte verzehrt, lebt gesund. Generell gilt beim Kochen und Essen: „Möglichst regionale und saisonale Produkte verwenden“, sagt Morlo. Vorzugswei­se sollten zudem Bio-Lebensmitt­el konsumiert werden - sie sind laut Morlo nachweisli­ch gesünder als herkömmlic­he Lebensmitt­el, Fertigprod­ukte sollten nur selten zum Einsatz kommen. Für ein gutes Körper- und Lebensgefü­hl ist auch eines wichtig: „Achtsam und mit Genuss essen“, so Morlo.

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Wer sich gesund ernähren will, muss nicht unbedingt in die Ferne schweifen. Auch was im eigenen Garten wächst, kann sehr gesund sein, wie zum Beispiel Blaubeeren oder Kohl.
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FOTOS(4): DPA
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Matthias Schulze ist Ernährungs­forscher in Potsdam.

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