Auf eine Schwäche des Gutachtens hereingefallen
Zum Bericht „Das sagen die Fachleute“, LZ vom 19. Oktober: Die LZ berichtet, dass laut R+T-Gutachten Klimo eine angeblich klimafreundliche Lösung mit möglichst keiner Stellplatzerweiterung in Inselnähe und allenfalls Ergänzungen fernab der Insel einerseits und andererseits eine inselnahe Erweiterung des Stellplatzangebots z.B. am KarlBever-Platz, mit bis zu 700 Stellplätzen, aus fachtechnischer Sicht als gleichwertig zu betrachten sei. Deswegen sei die Entscheidung für eine der beiden Varianten nach politischen Erwägungen zu treffen. Die Berichterstatter haben sich dabei von eklatanten Schwächen des Gutachtens täuschen lassen.
Die Gutachter haben nämlich vergessen, einige bewertungsrechtlich relevante Tatsachen festzustellen. Dabei handelt es sich vor allem um die Tatsache der Verfügbarkeit der Variantenstandorte. Die Gutachter kannten den Karl-Bever-Platz mit den Vorteilen seiner inselgünstigen Erreichbarkeit, Größe und Kapazität und dass er im Eigentum der Stadt steht, also unbeschränkt verfügbar ist. Andererseits konnten sie nur ganz ungenaue Vorstellungen von inselferneren Auffangparkplätzen entwickeln. Die Gutachter haben keine konkreten Standortuntersuchungen solcher außen liegender Auffangparkplätze geliefert, weder zur Lage, zur Kapazität noch zur Realisierbarkeit ihrer Anbindung an die Insel.
Den zweiten Fehler des Gutachtens sehe ich darin, dass die angewandte Bewertungsmethode vom erteilten Auftrag zu stark abweicht. Im vorangehenden Bürgerworkshop und Mobilitätsforum hatte das Ziel „Konzentration der Parkplätze an strategisch sinnvollen Stellen“die höchsten gemeinsamen Zustimmungswerte erhalten. Konsequenterweise stand dann auch im daraus entwickelten Mobilitätsleitbild das „Erreichen wichtiger Ziele“vor der „Klimafreundlichkeit“. Bei der Zielsetzung des Klimo wurde dann auch die „Erreichbarkeit & Verkehrssicherheit“als erstes Teilziel ausdrücklich dem zweiten Teilziel „Umweltqualität“vorangestellt. Wer nur aus dem Namen Klimo schließen will, dass Kli(ma) vor Mo(bilität) gehen müsse, macht es sich angesichts der anders gewichteten Auftragsdefinition zu leicht.
Die genannten Schwächen des Gutachtens haben eine Verschiebung der Diskussion in den politischen Bereich hinein verursacht. Bedauerlicherweise wurde damit emotionalisiert, wo Sachargumente vorherrschen sollten. Das war auch dem Leserstammtisch anzumerken. Augustin ist zuzustimmen, wenn er zum baldigen Handeln auffordert. Der Stadtrat tut gut daran, die angekündigten Beschlüsse zum Karl-Bever-Platz schnell zu fassen und nachhaltig umzusetzen. Dazu muss er das Gutachten aus seiner Schräglage gerade rücken und damit einem zu Recht befürchteten Bürger- oder Ratsbegehren die explosive, emotionale Grundlage entziehen.
Cornelius Wiedemann,
Lindau