Miesbacher Amigo-Affäre vor Gericht
Anklage geht von Millionenschaden wegen Veruntreuung aus – Prozess soll bis Ende Januar dauern
MÜNCHEN/MIESBACH (lby) - Teurer Wein, opulente Geburtstagspartys und Blumenschmuck für 15 000 Euro – über Jahre haben sich Funktionäre der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee großzügig gegeben. Nach jahrelangen Ermittlungen hat vor dem Landgericht München II am Mittwoch der Prozess um die sogenannte Miesbacher Amigo-Affäre begonnen.
Der einstige CSU-Landrat und Verwaltungsratsvorsitzende der Kreissparkasse, Jakob Kreidl, der frühere Vorstandsvorsitzende, Georg Bromme und zwei weitere Angeklagte müssen sich nun wegen Untreue und Vorteilsnahme beziehungsweise Vorteilsgewährung verantworten. Die Männer hätten in zahlreichen Fällen zum eigenen Vorteil gehandelt, sagte Staatsanwalt Jürgen Rohrmüller. Nach Ansicht der Anklage entstand der Sparkasse ein Schaden von mindestens 1,25 Millionen Euro. Die Ertragslage habe womöglich in Folge des großzügigen Sponsorings der Funktionäre von 2009 bis 2012 deutlich unter der anderer Sparkassen gelegen, sagte Rohrmüller.
Bei der Verlesung des 30-seitigen Anklagesatzes wechselte sich Rohrmüller mit Oberstaatsanwalt Stephan Necknig ab. Zwei Stunden lang listeten die beiden Vorwürfe auf – die meisten betreffen Bromme. Darunter: Reisen nach Österreich und in die Schweiz für fünfstellige Beträge, an denen nicht nur Kommunalpolitiker und Verwaltungsräte, sondern auch deren Partner teilnahmen. Von Interlaken aus startete man etwa zu einem „James-Bond-Ausflug“, einem Erlebnis-Trip mit Gondelfahrt. Es gab Einladungen zum Entenessen und zur Jagd und die Sparkasse zahlte Renovierungen im Landratsamt. Rohrmüller spricht von allgemeiner Klimapflege, Necknig von Gutsherrenart.
Laut der Ankläger habe Bromme einen eigenen Werbekeller voller Geschenke gehabt – aus dem er verteilte: teuren Wein und edle Füller für mehrere Hundert Euro oder ein ThermoHundebett, das sich, laut Anklage, Bromme selbst schenkte. Auch ein Grundstückshandel kam den Ermittlern dubios vor: Rund 400 000 Euro flossen an die Gemeinde Holzkirchen, nachdem diese der Sparkasse ein Grundstück für gut vier Millionen Euro verkauft hatte. Die Anklage sieht einen Zusammenhang und somit auch Steuerbetrug.
Die Angeklagten verteidigten sich vehement gegen die Vorwürfe – mit unterschiedlichen Strategien. Bromme, im Trachtenjanker, ließ von seiner Anwältin Stefanie Mayer erklären: „Fakt ist, unser Mandant hat sich nicht bereichert.“Die Ermittlungen seien „tendenziös und mit vorgefertigter Meinung“geführt worden. Und: „Tatsächlich ist kein Schaden entstanden.“Kreidl argumentierte, viele positive Entwicklungen im Landkreis seien ohne die Sparkasse nicht möglich gewesen. „Es war mir nicht klar, dass hier irgendetwas strafbar sein sollte“, so Kreidl. Die Affäre war nach einer Fete zu dessen 60. Geburtstag für knapp 120 000 Euro ins Rollen gekommen – mehr als die Hälfte zahlte die Sparkasse. Anfang 2015 gab es eine Razzia in 27 Wohnungen und Geschäftsräumen, darunter auch die Privathäuser von Kreidl und Bromme. Am Ende habe man Bromme – um ihn aus dem Amt zu bringen – einen Beratervertrag gegeben, der ihm über die geplante Laufzeit von fünf Jahren bis 2017 eine halbe Million Euro eingebracht hätte. Er wurde aber vorzeitig gekündigt.
Bis Ende Januar sind für den Prozess Termine angesetzt. Danach könnte es eine zweite Verhandlung geben: Die Staatsanwaltschaft hat eine weitere Anklage gegen sechs weniger schwer belastete Beschuldigte verfasst. Zu dem Kreis zählt auch Kreidls Nachfolger als Landrat, Wolf gang Rzehak (Grüne).