„Der Bürger will diese Streitereien nicht“
OB und Landrat haben klare Forderungen an die Politik in München und Berlin
LINDAU - Die Politik in München und Berlin soll endlich aufhören zu streiten und stattdessen die Probleme der Bürger lösen. Das fordern Oberbürgermeister Gerhard Ecker und Landrat Elmar Stegmann. Auch wenn sie nicht mit allem einverstanden sind, sehen sie in den Koalitionsverhandlungen zwischen CSU und Freien Wählern in Bayern einen guten Anfang.
„Der Bürger will diese Streitereien nicht“, erklärt Ecker den Absturz von CSU und SPD bei den bayerischen Landtagswahlen. Seinen Parteifreunden bescheinigt er zwar Fleiß, die SPD sei aber mit ihren Themen „einfach nicht durchgedrungen“. Nun werde es wohl die Aufgabe der erfolgreichen Bürgermeister und Oberbürgermeister, die SPD in Bayern rechtzeitig zu den Kommunalwahlen in anderthalb Jahren wieder aufzubauen.
Eine Chance hätten die aber nur, wenn die Bundesregierung aufhört zu streiten und anfängt zu arbeiten. „Verhältnisse wie jetzt sind ein Klotz am Bein“, schimpft Ecker und sieht die Verantwortung dabei durchaus bei allen drei Parteien der sogenannten GroKo. Lindaus OB war zwar nach der Bundestagswahl vor einem Jahr ein Befürworter der Regierung aus CDU/CSU und SPD, aber da habe er nicht geahnt, „dass die große Koalition in Berlin so selbstzerstörerisch handelt“.
Angesichts der Probleme im Land wollten die Bürger keinen Streit, sondern Lösungen und Ergebnisse. Ecker fordert deshalb, den notwendigen Austausch verschiedener Partner um den richtigen Weg vor allem intern auszutragen, um dann Ergebnisse zu präsentieren und sich gemeinsam an die Umsetzung zu machen. Gespannt ist er, ob die Spitzen der Unionsparteien und der SPD genug Kompromissfähigkeit mitbringen, um den Stil zu ändern.
Freie Wähler unterstützen OB Ecker von Anfang an
Für Lindau erwartet Ecker von der neuen Regierung in Bayern die Fortsetzung des Kurses: „Denn wir beklagen uns nicht über mangelnde Förderung der Landespolitik.“Staatsregierung in München und Regierung von Schwaben in Augsburg hätten die Lindauer Themen im Blick. Das werde auch bei einer neuen Regierung so bleiben, sagt Ecker. Für ihn selbst werde es vielleicht noch leichter, denn die Freien Wähler unterstützen ihn von Anfang an als OB in Lindau und er kennt einige gut, die dort künftig in leitender Funktion im Maximilianeum und vielleicht auch in der Regierung sitzen werden.
Mit dem Zugang zur Regierung hatte Landrat Stegmann (CSU) schon bisher keine Probleme. Und daran soll sich auch nichts ändern. Er hätte sich auch gut eine Regierung mit CSU und Grünen vorstellen können. Sich auf ein Regierungsprogramm zu einigen, wäre sicher schwierig geworden. Aber beide Parteien zusammen deckten gut die Themen ab, die Bürger wirklich bedrücken. Und um diese Themen sollte sich die Politik kümmern, wenn sie ihre Lehren aus dem Absturz der großen Parteien zieht. Denn viele Bürger seien unzufrieden, weil sie das Gefühl haben, dass die Politik nicht ihre Alltagsprobleme löst. Da sei es auch kein gutes Zeichen, wenn FW-Chef Aiwanger schon über die Zahl der Ministerien redet, bevor er mit dem gewünschten Koalitionspartner ein inhaltliches Wort gesprochen hat.
Mit seinen Landratskollegen aus ganz Bayern hat Stegmann dies kurz vor der Landtagswahl bei politischen Gesprächen in Berlin gesagt. Denn da seien sich die Landräte über die Parteigrenzen hinweg einig. Gemeinsam waren sie bei Bundeskanzlerin Angela Merkel, beim Finanz-, Verkehrs- und Gesundheitsminister und bei anderen hochrangigen Gesprächspartnern. Dabei sei es fast immer um Wohnraum, um den Erhalt der kleinen Krankenhäuser, um besseren ÖPNV, Breitbandversorgung und insgesamt die Chancengleichheit für den ländlichen Raum gegangen.
Stegmann fordert mehr Fördergeld für Sozialwohnungen
Lindau gehöre zu den Bereichen des Freistaats mit Wohnungsmangel. Da sollen Bund und Land vor allem ihre Grundstücke günstig an Kommunen abgeben, damit die dort bezahlbaren Wohnraum schaffen können. Stegmann fordert außerdem mehr Fördergeld für Sozialwohnungen. Und Flüchtlinge sollten in den Unterkünften bleiben, auch wenn sie anerkannt sind, um den Wohnungsmarkt nicht weiter zu verschärfen.
Bei den Krankenhäusern müsse der Bund die Regeln so ändern, dass auch kleine Krankenhäuser auf dem Land wirtschaftlich arbeiten können. Denn andernfalls müssten Träger die Häuser schließen oder sich zumindest von Abteilungen trennen, die nicht wirtschaftlich arbeiten. Für die Menschen sei aber ein nahes Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung wichtig. Das gelte vor allem für eine älter werdende Gesellschaft.
Wichtig sei auch ein gutes System von Bus und Bahn. Da erwartet Stegmann von der neuen Landesregierung nicht nur für Großstädte eine solche Förderung, die bezahlbare Fahrpreise möglich macht. Vorbild kann da Vorarlberg sein, das den ÖPNV deutlich besser fördert als Bayern –mit der Folge, dass im Laufe der Jahre ein wirklich gutes System entstanden ist, für das immer mehr Menschen ihr Auto daheim lassen.
Auch bei der Digitalisierung, also zum Beispiel der Versorgung mit Breitbandinternet, hinke vor allem der ländliche Raum hinterher. Auch das müssten Bund und Freistaat schleunigst ändern. Dazu gehört für Stegmann auch, dass Schulen Fachleute bekommen, die sich um die EDV kümmern. auf die Dauer könne das nicht ein Lehrer nebenbei machen. Und wenn Bayern dann noch flächendeckend auch bürokratische Vorgänge ins Internet verlegt, so dass Bürger sich Wege sparen können, dann wäre man in einigen Jahren ein gutes Stück weiter, formuliert Stegmann eine weitere Forderung an die Politik in München.
„Verhältnisse wie jetzt sind ein Klotz am Bein.“Oberbürgermeister Gerhard Ecker