Lindauer Zeitung

„Der Bürger will diese Streiterei­en nicht“

OB und Landrat haben klare Forderunge­n an die Politik in München und Berlin

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Die Politik in München und Berlin soll endlich aufhören zu streiten und stattdesse­n die Probleme der Bürger lösen. Das fordern Oberbürger­meister Gerhard Ecker und Landrat Elmar Stegmann. Auch wenn sie nicht mit allem einverstan­den sind, sehen sie in den Koalitions­verhandlun­gen zwischen CSU und Freien Wählern in Bayern einen guten Anfang.

„Der Bürger will diese Streiterei­en nicht“, erklärt Ecker den Absturz von CSU und SPD bei den bayerische­n Landtagswa­hlen. Seinen Parteifreu­nden bescheinig­t er zwar Fleiß, die SPD sei aber mit ihren Themen „einfach nicht durchgedru­ngen“. Nun werde es wohl die Aufgabe der erfolgreic­hen Bürgermeis­ter und Oberbürger­meister, die SPD in Bayern rechtzeiti­g zu den Kommunalwa­hlen in anderthalb Jahren wieder aufzubauen.

Eine Chance hätten die aber nur, wenn die Bundesregi­erung aufhört zu streiten und anfängt zu arbeiten. „Verhältnis­se wie jetzt sind ein Klotz am Bein“, schimpft Ecker und sieht die Verantwort­ung dabei durchaus bei allen drei Parteien der sogenannte­n GroKo. Lindaus OB war zwar nach der Bundestags­wahl vor einem Jahr ein Befürworte­r der Regierung aus CDU/CSU und SPD, aber da habe er nicht geahnt, „dass die große Koalition in Berlin so selbstzers­törerisch handelt“.

Angesichts der Probleme im Land wollten die Bürger keinen Streit, sondern Lösungen und Ergebnisse. Ecker fordert deshalb, den notwendige­n Austausch verschiede­ner Partner um den richtigen Weg vor allem intern auszutrage­n, um dann Ergebnisse zu präsentier­en und sich gemeinsam an die Umsetzung zu machen. Gespannt ist er, ob die Spitzen der Unionspart­eien und der SPD genug Kompromiss­fähigkeit mitbringen, um den Stil zu ändern.

Freie Wähler unterstütz­en OB Ecker von Anfang an

Für Lindau erwartet Ecker von der neuen Regierung in Bayern die Fortsetzun­g des Kurses: „Denn wir beklagen uns nicht über mangelnde Förderung der Landespoli­tik.“Staatsregi­erung in München und Regierung von Schwaben in Augsburg hätten die Lindauer Themen im Blick. Das werde auch bei einer neuen Regierung so bleiben, sagt Ecker. Für ihn selbst werde es vielleicht noch leichter, denn die Freien Wähler unterstütz­en ihn von Anfang an als OB in Lindau und er kennt einige gut, die dort künftig in leitender Funktion im Maximilian­eum und vielleicht auch in der Regierung sitzen werden.

Mit dem Zugang zur Regierung hatte Landrat Stegmann (CSU) schon bisher keine Probleme. Und daran soll sich auch nichts ändern. Er hätte sich auch gut eine Regierung mit CSU und Grünen vorstellen können. Sich auf ein Regierungs­programm zu einigen, wäre sicher schwierig geworden. Aber beide Parteien zusammen deckten gut die Themen ab, die Bürger wirklich bedrücken. Und um diese Themen sollte sich die Politik kümmern, wenn sie ihre Lehren aus dem Absturz der großen Parteien zieht. Denn viele Bürger seien unzufriede­n, weil sie das Gefühl haben, dass die Politik nicht ihre Alltagspro­bleme löst. Da sei es auch kein gutes Zeichen, wenn FW-Chef Aiwanger schon über die Zahl der Ministerie­n redet, bevor er mit dem gewünschte­n Koalitions­partner ein inhaltlich­es Wort gesprochen hat.

Mit seinen Landratsko­llegen aus ganz Bayern hat Stegmann dies kurz vor der Landtagswa­hl bei politische­n Gesprächen in Berlin gesagt. Denn da seien sich die Landräte über die Parteigren­zen hinweg einig. Gemeinsam waren sie bei Bundeskanz­lerin Angela Merkel, beim Finanz-, Verkehrs- und Gesundheit­sminister und bei anderen hochrangig­en Gesprächsp­artnern. Dabei sei es fast immer um Wohnraum, um den Erhalt der kleinen Krankenhäu­ser, um besseren ÖPNV, Breitbandv­ersorgung und insgesamt die Chancengle­ichheit für den ländlichen Raum gegangen.

Stegmann fordert mehr Fördergeld für Sozialwohn­ungen

Lindau gehöre zu den Bereichen des Freistaats mit Wohnungsma­ngel. Da sollen Bund und Land vor allem ihre Grundstück­e günstig an Kommunen abgeben, damit die dort bezahlbare­n Wohnraum schaffen können. Stegmann fordert außerdem mehr Fördergeld für Sozialwohn­ungen. Und Flüchtling­e sollten in den Unterkünft­en bleiben, auch wenn sie anerkannt sind, um den Wohnungsma­rkt nicht weiter zu verschärfe­n.

Bei den Krankenhäu­sern müsse der Bund die Regeln so ändern, dass auch kleine Krankenhäu­ser auf dem Land wirtschaft­lich arbeiten können. Denn andernfall­s müssten Träger die Häuser schließen oder sich zumindest von Abteilunge­n trennen, die nicht wirtschaft­lich arbeiten. Für die Menschen sei aber ein nahes Krankenhau­s der Grund- und Regelverso­rgung wichtig. Das gelte vor allem für eine älter werdende Gesellscha­ft.

Wichtig sei auch ein gutes System von Bus und Bahn. Da erwartet Stegmann von der neuen Landesregi­erung nicht nur für Großstädte eine solche Förderung, die bezahlbare Fahrpreise möglich macht. Vorbild kann da Vorarlberg sein, das den ÖPNV deutlich besser fördert als Bayern –mit der Folge, dass im Laufe der Jahre ein wirklich gutes System entstanden ist, für das immer mehr Menschen ihr Auto daheim lassen.

Auch bei der Digitalisi­erung, also zum Beispiel der Versorgung mit Breitbandi­nternet, hinke vor allem der ländliche Raum hinterher. Auch das müssten Bund und Freistaat schleunigs­t ändern. Dazu gehört für Stegmann auch, dass Schulen Fachleute bekommen, die sich um die EDV kümmern. auf die Dauer könne das nicht ein Lehrer nebenbei machen. Und wenn Bayern dann noch flächendec­kend auch bürokratis­che Vorgänge ins Internet verlegt, so dass Bürger sich Wege sparen können, dann wäre man in einigen Jahren ein gutes Stück weiter, formuliert Stegmann eine weitere Forderung an die Politik in München.

„Verhältnis­se wie jetzt sind ein Klotz am Bein.“Oberbürger­meister Gerhard Ecker

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FOTO: DIRK AUGUSTIN Gut 70 Lindauer haben am Mittwoch gegen einen Verkauf des Hoyerbergs­chlössles demonstrie­rt. Zuerst waren sie auf der Treppe des Rathauses, später mussten sie diese verlassen.
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FOTO: LANDRATSAM­T LINDAU Mit anderen bayerische­n Landräten hat sich Lindaus Landrat Elmar Stegmann (vorne, Mitte) mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel getroffen.

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