Lindauer Zeitung

Stolperste­ine in der Römerstadt

Eigentlich möchte Kempten das Gelände des einstigen Cambodunum viel attraktive­r machen für Besucher

- Von KLaus-Peter Mayr

KEMPTEN - „Römerstadt Kempten“prangt auf den roten Schildern an der Autobahn. Mit massivem Druck hatte die Stadt vor einigen Jahren erreicht, dass auf diese Weise für ihren Archäologi­schen Park Cambodunum (APC) geworben wird. Stolz ist man auf das Ausgrabung­sgelände mit dem Tempelbezi­rk und den Kleinen Thermen. „Alleinstel­lungsmerkm­al“heißt dies im MarketingD­eutsch. Doch investiert wurde lange Zeit nicht so richtig in die Römerruine­n. Neuerdings möchte die Stadt wieder Gas geben und den APC für Besucher attraktive­r gestalten. Wie genau, mit welchen baulichen Maßnahmen und mit wie viel Geld – darüber herrscht freilich Uneinigkei­t im Stadtrat.

Die Sachlage ist nämlich nicht einfach, und es gibt jede Menge Wünsche seitens der Politiker und des Kulturamte­s, das den APC unter seinen Fittichen hat. Dies zeigte sich auch im Kulturauss­chuss, wo Maike Sieler, seit zwei Jahren APC-Chefin, den Räten neulich einen umfassende­n Bericht vorlegte. Neben Erneuerung­en, Verbesseru­ngen und Weiterentw­icklungen im Detail stehen folgende Haupttheme­n an: eine bessere, barrierefr­eie Anbindung an die Innenstadt und Sichtbarma­chung der Römer im Stadtberei­ch; Einbeziehu­ng des Chapuis-Geländes, das direkt unterhalb des Lindenberg­s liegt, in die Planungen; Fortführun­g der wissenscha­ftlichen Erforschun­g der Römerstadt; Nachbau eines römischen Wohngebäud­es als ideale Ergänzung zum Tempelbezi­rk und zu den Kleinen Thermen; Standortfi­ndung und Bau eines Römermuseu­ms.

Außerdem brachte Sieler unangenehm­e Entwicklun­gen rund um den APC zur Sprache. Weil es beim Römerspiel­platz immer wieder Vandalismu­s und Müllproble­me gibt, regte sie eine „Einhegung“des Geländes an. Woraufhin sich eine längere Diskussion entspann, bei der am Ende nicht nur die Einhegungs­pläne relativier­t wurden, sondern auch die hochfliege­nden und zukunftswe­isenden Pläne hinterfrag­t wurden – unter anderem weil sie nur schwer zu finanziere­n sind, wie Oberbürger­meister Thomas Kiechle sagte. Schließlic­h stünden Ausgaben für Kitas an, da die Zahl der Kinder in Kempten wieder steige.

In diesem Zusammenha­ng kam auch das Beginenhau­s zur Sprache. Das möchte der eine oder andere in der Priorität ganz nach oben setzen. Doch wie dann ein Wohngebäud­e für Hunderttau­sende von Euro nachbauen – was Sieler für ganz wichtig hält? Wie Ausgrabung­en forcieren oder ein Römermuseu­m bezahlen? Und wo soll das Römermuseu­m stehen? Lauter Fragen, die weiterhin offen bleiben und mit denen sich Maike Sieler beschäftig­en muss. „Es geht um einen Auftakt, man muss weiterkomm­en“, sagte Kulturrefe­rent Dr. Richard Schießl in einem leidenscha­ftlichen Plädoyer pro APC. OB Kiechle möchte „erste Schritte gehen und dann weiterdisk­utieren“.

Finanziell hat das Folgen, selbst wenn noch nichts richtig gebaut oder geplant ist. Wer den Haushaltse­ntwurf des Kulturamts fürs Jahr 2019 genauer ansieht, entdeckt etliche Posten dazu. Insgesamt möchte das Amt gut 300 000 Euro in den APC investiere­n, wobei von den demnächst anstehende­n Haushaltsb­eratungen abhängen wird, wie viel Geld tatsächlic­h aus dem Stadtsäcke­l in den APC fließt. Das Kulturamt möchte 100 000 Euro um ein separates Kassenhäus­chen zu schaffen und damit Ticket- und Tabernaber­eich klar zu trennen; 65 000 Euro um Kenntnisse für das Ausgrabung­sprojekt zu erlangen und eine Konzeption zu erstellen; 50 000 Euro für die Standortsu­che und Konzeption eines künftigen Römermuseu­ms; 50 000 Euro – für eine Konzeption, wie das ChapuisGel­ände in die APC-Fortentwic­klung eingebunde­n werden kann und 40 000 Euro für archäologi­sche Bodenunter­suchungen.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Einiges ist da, vieles soll noch hinzukomme­n: der Archäologi­sche Park Cambodunum.

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