Arjen Robbens neuer Freund
Serge Gnabry hat sich fürs Erste in die Startelf des FC Bayern München gearbeitet – In Athen stark als Vorbereiter
ATHEN - Auch wenn der Spieltag in Athen wolkenverhangen war, diesig und windig-frisch, so kalt war es dann doch nicht unterhalb der Akropolis, dass man solche Vergleiche hätte bemühen müssen: „Ein Tor zu machen, wäre die Spitze des Eisberges“, sagte Serge Gnabry, „aber wenn man der Mannschaft helfen kann, ist das das Wichtigste.“Doch Gnabry fiel in dem Moment wohl nichts anderes ein. Der 23-Jährige hatte beim etwas zähen, alles in allem aber recht schnörkellosen 2:0 des FC Bayern in Athen gegen den griechischen Meister AEK noch die meisten Schnörkel zelebriert und beide Treffer durch beherzte Antritte über seinen linken Flügel herausgespielt. Ein Treffer blieb ihm verwehrt, wie schon in der ganzen Saison seit seiner Ankunft in München im Juli.
Mannschaftsdienlich, selbstlos, bescheiden – na ja, nicht so ganz. Der Stellvertreter des aktuell lädierten Franck Ribéry (Wirbelblockade) war der mutigste und auffälligste Offensivakteur im Athener Olympiastadion. Er flankte, er schoss, er probierte was. Wie es denn für ihn als junger Spieler so sei, wenn er anstelle eines Hochkaräters auf dem Platz stehe, wurde er nach Abpfiff gefragt. Sein Konter kam noch mitten in der Frage: „Wenn ich draußen sitze, ist doch auch ein Hochkaräter draußen, oder?“Punkt für Gnabry. Kein Tor, aber ein Wirkungstreffer. Der Mann geht seinen Weg.
Nach dem Jahr Leihe bei der TSG Hoffenheim verpasste Serge Gnabry wegen einer Verletzung die Chance auf eine mögliche WM-Teilnahme, die nicht aussichtslos erschien für einen aus der Gewinnermannschaft der U21-EM in Polen 2017. Bei Bayern plagten ihn zu Saisonbeginn Oberschenkelprobleme, er fehlte die ersten drei Pflichtspiele. Doch seit dem 3:0 in Stuttgart am 1. September, als er an seinem Geburtsort sein Debüt für die Münchner geben durfte, stand er in jedem Match auf dem Platz. Meist als Joker, aber beim 3:1 in Wolfsburg und nun in Athen – erstmals in der Champions League – von Beginn an. Die reine Bilanz liest sich immer noch ausbaufähig für einen Flügelspieler: zehn Pflichtspiele, eine einzige Torvorlage.
Doch Gnabry zieht an. Wird besser, selbstbewusster, erhöht den Druck auf die Routiniers der Außenbahn, auf Ribéry (35) und Arjen Robben (34). Auch durch den Startelfeinsatz beim 1:2 der Nationalelf in Paris, seinem Comeback im DFB-Trikot nach drei Jahren, habe er „ein bisschen Selbstbewusstsein getankt“. Sein Credo: „Ich will versuchen, so zu arbeiten, dass der Trainer mich aufstellt.“An der Form, an der Abschlussstärke – und am Body.
Beim VfB Stuttgart ausgebildet
„Ich bin ja einer, der immer im Fitnessraum ist – und jetzt habe ich da einen Freund, weil er auch immer dabei ist. Er bereitet sich sehr gut auf jedes Training vor, pflegt sich gut“, sagte Fitnesspapst Robben über Gnabry. Das Lob ging aber viel weiter: „Serge ist ein sehr guter Junge. Er will sich immer verbessern und arbeitet fleißig – auch an sich. Seine Einstellung ist sehr gut, ein richtiger Profi. Er will weiterkommen, macht das richtig gut.“Und dann sagte Robben, als wäre er sein Onkel mit Beschützerinstinkt: „Ich mag den Serge sehr gerne.“Wie lange die Zuneigung hält, wenn er dann mal Robbens Stammplatz auf der rechten Außenbahn angreift? Gnabry, ausgebildet von 2006 bis 2011 in seiner schwäbischen Heimat beim VfB Stuttgart, kann beide Grundlinien entlangwirbeln, gibt auch einen passablen hängenden Stürmer ab.
Sportdirektor Hasan Salihamidzic nannte die Entdeckung der Saison jedenfalls den „Lichtblick“im BayernSpiel. „Schönes Wort“, freute sich Gnabry. Doch er will Tore, nicht nur Lob. „Ich ziehe mein Spiel durch, wünsche mir aber, dass der Ball mal reingeht.“Bald, mein Freund, bald, würde Robben ihm zuflüstern. Am Samstag in Mainz wird Serge Gnabry wieder beginnen, sein neuer Freund Robben ist wegen einer Gelb-Roten Karte gesperrt.